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Die Niederlande - Der Seehandel
zusammengestellt
von Martin Schlu © 2009 (Stand: 13. März 2010) - zurück - weiter
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1550 - Seitenanfang
- Die
Stadt Antwerpen ist um 1550 etwa 150.000 Einwohner groß und hat den
größten und umsatzstärksten Hafen der Welt. Täglich passieren ca. 500
Schiffe die Scheldemündung, warten ca. 2.500 Segelschiffe auf einen
Ladeplatz oder die Abfertigung und der Handel von Übersee nach England,
Frankreich, Deutschland und Skandinavien wird über diesen Hafen
abgewickelt. Seit der Entdeckung Amerikas haben die Spanier ihren
Südamerikahandel lieber über Antwerpen abgewickelt, weil die dortige
Infrastruktur besser ist als in Spanien und man hat am Handel in den
letzten fünfzig Jahren ordentlich verdient. Durch einen "Ausländeranteil" von ca. zehn Prozent geht man
souverän mit verschiedenen Religionen und Nationen um und die Stadt ist
mittlerweile das Zentrum des lutherischen und calvinistischen Glaubens
der Niederlande und Flanderns.
- 1580 - Seitenanfang
- Der
portugiesische Seehandel beherrscht seit 1488 die kontinentale
Verbindung zwischen den Handelszentren Europas und Asiens, seit der
portugiesische Seefahrer Vasco da Gama mit drei Schiffen den Seeweg
nach Indien um das Kap der Guten Hoffnung, die Südspitze Afrikas, gefunden
hat. Bekannt waren seit Marco Polo im 13. Jht. bisher nur zwei Routen.
Die erprobte und teure Route führt per Schiff durch das Mittelmeer bis
nach Kleinasien und ab dort mit einer Karawane über die legendäre
"Seidenstraße" bis nach China. Diese kostet viel Geld an Zoll (z. B.
gegenüber Venedig), man braucht ab Kleinasien ständig Geld für
Dolmetscher und ein großer Betrag an Bestechungsgeld ist auch
einzukalkulieren. Die etwas billigere Alternative ist die Verbindung
bis Nordafrika, dort steigt man mit mehreren anderen Kaufleuten auf die
Karawane um und reist als Verbund durch Wüsten und unbekannte Gebiete
ebenfalls nach Indien oder China. Beide Varianten dauern extrem lange,
sind extrem gefährlich, aber auch extrem gewinnbringend, allerdings nur
wenn man die Reise überlebt, ohne augeraubt oder totgeschlagen zu
werden. Als Kaufmann kann man dies nur wenige Male in seinem Leben
riskieren.
- Folgende Waren aus Asien sind in Europa
extrem selten und daher auch begehrt und teuer: Gewürze, Heilpflanzen,
Indigo (braucht man heute noch für die Jeans), Porzellan und Keramik, Reis, Kakao, Kaffee, Baumwolle und Seide. Vor allen Dingen wird Pfeffer aus Indonesien und Indien gehandelt und der größte Teil
des Seehandels ist durch Verträge mit den örtlichen Machthabern geregelt. Einigen
Kaufleute wird im 16. Jt. in Indien und auf den Molukken das Recht eingeräumt, für
einen festen Preis in Lissabon den Pfeffer an den portugiesischen König
zu liefern ("Indisch pepercontract"). Die Zwischenhändler ("contradores" ) können diesen Pfeffer für einen höheren Preis dem Hof abkaufen und innerhalb Europas weiter verkaufen ("Europees contract").
Allerdings stirbt der portugesische Hof 1580 mit Heinrich I. , dem
letzte König aus dem Hause Avis, ohne Nachkommen aus. Der
spanische Habsburger König Philipp II. kann seinen Erbanspruch als Sohn der alten Königin Isabella von Portugal
geltend machen und übernimmt nun auch diesen Thron - nicht ganz
kampflos, aber es reicht eine Schlacht, die der in den Niederlanden
erprobte Herzog Alba für ihn gewinnt, und die Thronfolge ist geklärt.
- 1592 - Seitenanfang
- Der portugiesische Pfefferhandel geht nun zurück, weil es
immer öfter Kapergefechte mit englischen Schiffen gibt , die spanische
Armada als Schutz nicht mehr existiert und niederländische Kaufleute
beschließen nun den Handel auf eigenes Risiko durchzuführen. Das nötige Geld für
diese Expeditionen
können sie sich
bei ihren eigenen Banken besorgen, das Know How holen sie sich von
portugiesischen Geographen, die schon öfter nach Indien gereist sind
und die ersten Seekarten geschrieben haben. Dirck Gerritz, Jan Huigen
van Linschoten, Lucas Jansz Waghenaer
sind die bekanntesten Nautiker in den asiatischen Gewässern und die
Niederländer bezahlen sie gut. Die Portugiesen sind bisher um die
Südspitze Afrikas gefahren und haben sich Indien von Osten her
genähert, haben dafür aber jeweils ein Jahr gebraucht, weil man wegen
des Monunwindes nie in einem Rutsch durchsegeln kann - zweimal im Jahr
dreht sich die Hauptwindrichtung und dnn müßte man entweder gegen den
Wind kreuzen oder ein paar Monate warten. Man glaubt, in
der Nordwestpassage eine
kürzere, weniger ungesunde und ungefährlichere Route finden zu können,
doch dies ist nicht so leicht (später wird sich herausstellen, daß erst
Roald Amundsen zwischen 1903-1906 diese Passage finden wird - mit
zweimaligem Überwintern).
- Die erste
Expedition, die am 5. Juli
1594 mit vier Schiffen startet, wird von Amsterdamer Kaufleuten mit
290.00 Gulden (heute etwa 30. Mio Euro) ausgestattet, für ein Drittel
der Summe sollen die Seefahrer Gewürze kaufen. Doch diese Expedition
kehrt 1597 nicht ganz unverrichteter Dinge zurück, man hat zwar die
Molukken, die Pfefferinsel, nicht erreicht, aber andere Waren
erstanden, die in Holland teuer verkauft werden können.
- Zu diesem Zeitpunkt ist die nächste Expedition mit sieben Schiffen schon am 2. Juli
1595 gestartet, doch am 18. November endet sie ohne Erfolg und nun wird das
Geld knapp - auch holländische Kaufleute müssen rechnen. Der Führer
dieser Expeditionen ist Willem Barentsz van der
Schelling. Es dauert länger als gedacht, denn diesmal versperrt Eisgang den Weg
und so müssen die Schiffe im Norden in der "Barents-See" überwintern, was damals eine ziemlich
lebensgefährliche Angelegenheit ist. Als klar ist, daß man durch das Eis nicht weiterkommt, nimmt man endlich die
Südpassage, wie es die Portugiesen vorgemacht haben und hat Erfolg.
- Die dritte Expedition wird 1598 nun komplett vom
aufstrebenden Amsterdam vorfinanziert, diesmal unter gemeinsamer
Leitung von
Willem Barentsz van der Schelling, Jacob van
Heemskerck und Jan Cornelisz Rijp. Weitere Schiffe werden
ausgerüstet, alle als Risikoprojekt weniger Kaufleute und es zeichnet
sich ab, daß man das Ganze größer organisieren sollte.
- 1600 - Seitenanfang
- Schnell finden sich Teilhaber (heute nennt man das "Risikokapital")
und man gründet in Amsterdam die "Eerste Vereinidge Compagnie op Oost-Indie", eine eher städtische Einrichtung, die aber bereits ein Handelsmonopol für Gewürze bekommt. Nun
kann man den Handel systematisch aufnehmen. Auch Englands Königon Elisabeth I. schläft nicht und läßt zum 31. Dezember 1600 die "East India Company" gründen. Fortan gibt es Konkurrenz zwischen Nieder- und Engländern um die besten Handelsgebiete.
- 1602 - Seitenanfang
- Am
20. März machen die niederländischen Generalstaaten Nägel mit Köpfen, denn am kommenden
Handel wollen sie mit verdienen und so sichern sie sich mit der
"Generale
Vereenichde Geoctroyeerde Compagnie" ein
Handelsmonopol bis 1623 für
den Warenverkehr zwischen den Niederlanden und allen Gebieten östlich
der
afrikanischen Südspitze, ein Monopol, das in dieser
Größe und Absolutheit bis heute nicht wieder erreicht wurde. Sitz des
Unternehmens "Vereenigde Oostindische Compagnie" ist Amsterdam und
Middelburg, von der Regierung ausgestattet ist diese Gesellschaft (im
Folgenden VOC genannt) mit umfassenden Hoheitsrechten: sie darf Land in
Übersee erwerben oder in Besitz nehmen, sie darf Festungen bauen und,
wenn nötig, auch Krieg führen. Der Staat garantiert die Finanzierung,
der Gewinn fließt in die Firma - ähnlich wie das internationale
Bankenwesen heute. Die Kapitaleinlage ist recht billig: gerade einmal
25.000 Gulden kostet das exklusive Handelsprivileg bis 1623 - da haben
die Investoren aber schon 6,5 Milionen Gulden in die VOC investiert.
Eigentlich wird die gesamte niederländische Handelsmarine auf ein
einziges Unternehmen übertragen - es wäre etwa so, als wenn der gesamte
deutsche Außenhandel über die Deutsche Post abgewickelt würde.
- 1609 - Seitenanfang
- Die in Amsterdam seit dem 16. Jht arbeitende Börse wird nun neu gegründet und bezieht endlich ein standesgemäßes Haus.
- Für die "Vereinigte Ostindische Kompanie" (VOV) bricht der englische Steuermann Henri Hudson
von der holländischen Insel Texel mit dem Schiff Halve Maen (Halbmond)
zu seiner dritten Reise in See. Er sucht eine Durchfahrt durch das Eis
nach China, segelt nach Westen und fährt an der nordamerikanischen
Küste entlang. 6.
April 1609 findet er zwar nicht die Norwestpassage, aber einen Fluß, den er "Hudson" tauft, am
11. September 1609 kommt er in die Bucht von New York, segelte entlang
der Insel Manhattan und erforscht den Hudson. Für die VOC erreicht
Hudson nichts Passendes und er kommt auch nicht zurück, weil er von
meuternden Matrosen im Eismeer ausgesetzt wird und dort verschollen ist.
http://de.wikipedia.org/wiki/Henry_Hudson
- 1611 - Seitenanfang
- Kapitän Henrik Brouwer entdeckt den kürzesten Weg nach
Indonesien und braucht nicht mehr ein Jahr sondern nur noch etwa fünf
Monate. Damit läßt sich die Handelskapazität zwar verdoppeln, aber man
braucht für den Ausbau der Flotte viel Geld, wenn es ein richtig gutes
Geschäft werden soll. Ausgezahlt
wird der Gewinn nach Abschluß jeder Expedition,
allerdings wird dies irgendwann komplizert, weil sich
Gewinnauszahlungen, Kreditaufnahmen, Anteilsverkäufe und Beteiligungen
nicht mehr sauber voneinander rennen lassen und so überlegt man, ob man
nicht alles über ein größeres Unterenehmen abwickeln könnte.
- Aus diesem
Grund wird 1611 von der VOC in Amsterdam die
Aktie erfunden, später (1622) werden noch Anleihen ausgegeben, denn der
Finanzbedarf ist immens: für den Ausbau einer Handelsflotte müssen ständig neue Schiffe auf Kiel gelegt werden und
Gründung und Unterhalt von überseeischen Stützpunkten wie z. B. Batavia
kosten eine Unmenge an Geld.
- Die VOC hat aber immer die
Konkurrenz
der englischen Handelskompanie EIC im Blick. Die
asiatischen Händler auf Java, Indonesien, Ceylon (heute: Sri Lanka)
finden zwei
konkurrierende Unternehmen ganz gut, weil die Nachfrage nach ihren
Waren damit steigt und VOC und EIC beflügeln durch ihre Konkurenz den
Handel. Im Laufe der nächsten Jahre kommt es zu global angelegten
Handelsposten vor Nagasaki/Japan, im heutigen Iran,
Bangladesch, Indien, Sri Lanka, Taiwan und Südafrika
(heutige Bezeichnungen)
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- Links
Zur Geschichte des Ostindienhandels:
http://www.vocsite.nl/geschiedenis/index.html (in niederländisch)
http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Portugals#Personalunion_mit_Spanien
http://de.wikipedia.org/wiki/Niederländische_Ostindien-Kompanie
http://de.wikipedia.org/wiki/Jakarta
- Nautiker und Kartographen:
- http://de.wikipedia.org/wiki/Jan_Huygen_van_Linschoten
http://de.wikipedia.org/wiki/Dirck_Gerritz_Pomp
http://de.wikipedia.org/wiki/Lucas_Janszoon_Waghenaer
- Jugendbuch zum Einlesen:
- An Rutgers: Wrack unter Wasser (Wrak onder water, Amsterdam 1970), dt.: Oetinger-Verlag, Hamburg
(sehr gut recherchierte
Geschichte um zwei seeländische Jungen, die bei einer VOC-Expedition
mit ihrem Schiff vor den Shetland-Inseln stranden)
Schülerlink zum Einlesen (in niederländisch, kann man aber gut verstehen)
http://proto.thinkquest.nl/~klb013/vader/VOC.htm
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Basisliteratur:
- Jürgen G. Nagel: Abenteuer Fernhandel. Die Ostindienkompanien, WBG, Darmstadt 2007
(zur Zeit das deutsche Standardwerk)
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