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Kulturgeschichte - Klassik


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Faust
Zueignung
Vorspiel auf der Bühne
Prolog im Himmel
Studierstube
Auftreten des Erdgeistes
Chor der Engel
Osterspaziergang
Mephistos Auftreten
Pakt
Auerbachs Keller
Hexenküche
Straße I
Abend
Margarete mit einer Lampe Spaziergang
Der Nachbarin Haus
Straße II
Garten
Wald und Höhle
Gretchens Stube
Am Brunnen
Zwinger
Nacht
Dom
Walpurgisnacht
Walpurgistraum
Trüber Tag
Kerker

Johann Wolfgang von Goethe
Faust - Walpurgisnachtstraum

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Walpurgisnachtstraum
oder Oberons und Titanias goldne Hochzeit
Intermezzo
 
Theatermeister
Heute ruhen wir einmal,
Miedings wackre Söhne.
Alter Berg und feuchtes Tal,
Das ist die ganze Szene!
 
Herold
Daß die Hochzeit golden sei,
Solln funfzig Jahr sein vorüber;
Aber ist der Streit vorbei,
Das golden ist mir lieber.
 
Oberon
Seid ihr Geister, wo ich bin,
So zeigt's in diesen Stunden;
König und die Königin,
Sie sind aufs neu verbunden.
 
Puck
Kommt der Puck und dreht sich quer
Und schleift den Fuß im Reihen;
Hundert kommen hinterher,
Sich auch mit ihm zu freuen.
 
Ariel
Ariel bewegt den Sang
In himmlisch reinen Tönen;
Viele Fratzen lockt sein Klang,
Doch lockt er auch die Schönen.
 
Oberon
Gatten, die sich vertragen wollen,
Lernen's von uns beiden!
Wenn sich zweie lieben sollen,
Braucht man sie nur zu scheiden.
 
Titania
Schmollt der Mann und grillt die Frau,
So faßt sie nur behende,
Führt mir nach dem Mittag sie,
Und ihn an Nordens Ende.

Orchester tutti
(Fortissimo)
Fliegenschnauz und Mückennas
Mit ihren Anverwandten,
Frosch im Laub und Grill im Gras,
Das sind die Musikanten!
 
Solo
Seht, da kommt der Dudelsack!
Es ist die Seifenblase.
Hört den Schneckeschnickeschnack
Durch seine stumpfe Nase
 
Geist, der sich erst bildet
Spinnenfuß und Krötenbauch
Und Flügelchen dem Wichtchen!
Zwar ein Tierchen gibt es nicht,
Doch gibt es ein Gedichtchen.
 
Ein Pärchen
Kleiner Schritt und hoher Sprung
Durch Honigtau und Düfte
Zwar du trippelst mir genung,
Doch geh's nicht in die Lüfte.
 
Neugieriger Reisender
Ist das nicht Maskeradenspott?
Soll ich den Augen trauen,
Oberon, den schönen Gott,
Auch heute hier zu schauen?
 
Orthodox
Keine Klauen, keinen Schwanz!
Doch bleibt es außer Zweifel:
So wie die Götter Griechenlands,
So ist auch er ein Teufel.
 
Nordischer Künstler
Was ich ergreife, das ist heut
Fürwahr nur skizzenweise;
Doch ich bereite mich beizeit
Zur italien'schen Reise.
 
Purist
Ach! mein Unglück führt mich her:
Wie wird nicht hier geludert!
Und von dem ganzen Hexenheer
Sind zweie nur gepudert.
 
Junge Hexe
Der Puder ist so wie der Rock
Für alt' und graue Weibchen,
Drum sitz ich nackt auf meinem Bock
Und zeig ein derbes Leibchen.
 
Matrone
Wir haben zu viel Lebensart
Um hier mit euch zu maulen!
Doch hoff ich, sollt ihr jung und zart
So wie ihr seid, verfaulen.
 
Kapellmeister
Fliegenschnauz und Mückennas
Umschwärmt mir nicht die Nackte!
Frosch im Laub und Grill im Gras,
So bleibt doch auch im Takte!
 
Windfahne
(nach der einen Seite)
Gesellschaft, wie man wünschen kann:
Wahrhaftig lauter Bräute!
Und Junggesellen, Mann für Mann,
Die hoffnungsvollsten Leute!
 
Windfahne
(nach der andern Seite)
Und tut sich nicht der Boden auf,
Sie alle zu verschlingen,
So will ich mit behendem Lauf
Gleich in die Hölle springen.
 
Xenien
Als Insekten sind wir da,
Mit kleinen scharfen Scheren,
Satan, unsern Herrn Papa,
Nach Würden zu verehren.
 
Hennings
Seht, wie sie in gedrängter Schar
Naiv zusammen scherzen!
Am Ende sagen sie noch gar,
Sie hätten gute Herzen.
 
Musaget
Ich mag in diesem Hexenheer
Mich gar zu gern verlieren;
Denn freilich diese wüßt ich eh'r
Als Musen anzuführen.
 
Ci-Devant Genius der Zeit:
Mit rechten Leuten wird man was.
Komm, fasse meinen Zipfel!
Der Blocksberg, wie der deutsche Parnaß,
Hat gar einen breiten Gipfel.
 
Neugieriger Reisender
Sagt, wie heißt der steife Mann?
Er geht mit stolzen Schritten.
Er schnopert, was er schnopern kann.
»Er spürt nach Jesuiten.«
 
Kranich
In dem klaren mag ich gern
Und auch im trüben fischen;
Darum seht ihr den frommen Herrn
Sich auch mit Teufeln mischen.
 
Weltkind
Ja, für die Frommen, glaubet mir,
Ist alles ein Vehikel,
Sie bilden auf dem Blocksberg hier
Gar manches Konventikel.
 
Tänzer
Da kommt ja wohl ein neues Chor?
Ich höre ferne Trommeln.
»Nur ungestört! es sind im Rohr
Die unisonen Dommeln.«
 
Tanzmeister
Wie jeder doch die Beine lupft!
Sich, wie er kann, herauszieht!
Der Krumme springt, der Plumpe hupft
Und fragt nicht, wie es aussieht.
 
Fiedler
Das haßt sich schwer, das Lumpenpack,
Und gäb sich gern das Restchen;
Es eint sie hier der Dudelsack,
Wie Orpheus' Leier die Bestjen.
Dogmatiker
Ich lasse mich nicht irre schrein,
Nicht durch Kritik noch Zweifel.
Der Teufel muß doch etwas sein;
Wie gäb's denn sonst auch Teufel?
Idealist
Die Phantasie in meinem Sinn
Ist diesmal gar zu herrisch.
Fürwahr, wenn ich das alles bin,
So bin ich heute närrisch.
 
Realist
Das Wesen ist mir recht zur Qual
Und muß mich baß verdrießen;
Ich stehe hier zum erstenmal
Nicht fest auf meinen Füßen.
 
Supernaturalist
Mit viel Vergnügen bin ich da
Und freue mich mit diesen;
Denn von den Teufeln kann ich ja
Auf gute Geister schließen.
 
Skeptiker
Sie gehn den Flämmchen auf der Spur
Und glaubn sich nah dem Schatze.
Auf Teufel reimt der Zweifel nur;
Da bin ich recht am Platze.
 
Kapellmeister
Frosch im Laub und Grill im Gras,
Verfluchte Dilettanten!
Fliegenschnauz und Mückennas,
Ihr seid doch Musikanten!
 
Die Gewandeten:
Sanssouci, so heißt das Heer
Von lustigen Geschöpfen;
Auf den Füßen geht's nicht mehr,
Drum gehn wir auf den Köpfen.
 
Die Unbehilflichen
Sonst haben wir manchen Bissen erschranzt,
Nun aber Gott befohlen!
Unsere Schuhe sind durchgetanzt,
Wir laufen auf nackten Sohlen.
 
Irrlichter
Von dem Sumpfe kommen wir,
Woraus wir erst entstanden;
Doch sind wir gleich im Reihen hier
Die glänzenden Galanten.
 
Sternschnuppe
Aus der Höhe schoß ich her
Im Stern- und Feuerscheine,
Liege nun im Grase quer-
Wer hilft mir auf die Beine?
 
Die Massiven
Platz und Platz! und ringsherum!
So gehn die Gräschen nieder.
Geister kommen, Geister auch,
Sie haben plumpe Glieder.
 
Puck
Tretet nicht so mastig auf
Wie Elefantenkälber,
Und der plumpst' an diesem Tag
Sei Puck, der derbe, selber.
 
Ariel
Gab die liebende Natur,
Gab der Geist euch Flügel,
Folget meiner leichten Spur,
Auf zum Rosenhügel!

Orchester
(Pianissimo)
Wolkenzug und Nebelflor
Erhellen sich von oben.
Luft im Laub und Wind im Rohr,
Und alles ist zerstoben.
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