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20. Jahrhundert
Nationalsozialismus
Zeitzeugenbericht: Brigitte Langenbach
Brief Paul Langenbachs an die Schwester Alma
15. Nov. 1944
Fortsetzung
Liebe Alma!
Deine beiden Karten haben wir erhalten. Jochi ist n<o>ch
in Behandlung. Er muss noch zum Zahnarzt und nach Dr. Heissen will
ich auch mit ihm. Das Zurückbringen ist durch die täglichen
und stündlichen Angriffe fast zur Unmöglichkeit gworden.
Nicht mal die Post ist in der Lage die Post täglich abzusenden,
da nach allen Richtungen die Verkehrsverbin<un>gen unterbrochen
sind.. Und wenn mal eine Strecke wieder läuft , kann man wegen
der schweren Angriffe nicht wagen Haus und Hof zu verlassen. Vormittags,
nachmittags und abends geht es rund. Bei den Dortmunder Angriffen
bekommt Lünen doch auch immer etwas ab. Am Sonnabend war ganz
dicke Luft. Bomben auf den Bahnsteig Münster-Dortmund, im Lüner
Bahnhof, in der Hedwigstrasse und auf dem Wüstenknapp sind
zwei Häuser zerstört, an der Kaiserstrasse rechts vor
unserem Grundstück zwei bis drei Häuser und in der Karlstrasse
auch drei. Schlussbilanz: 20 Tote. Dann noch überall Streubomben
in Lippholthausen, Gahmen, Brechten Eving. Zeche Gneisenau brannte
in der Nacht lichterloh. Ich hatte Gelegenheit noch in de<n>
späten Abendstunden die Unglückstellen zu befahren. Die
Dortmunder Angriffe sind ganz besonders schwer und verlustreich
gewesen.
Ebbi und Pitti bekommen seit Wochen keine Post, schreiben beide.
Ebbi wird ihre Zeit in Racins ja bald vorbei haben, Pitt ihre in
der Schule ja auch wohl. Deine Karten kamen gestern und vorgestern,
die Briefe der Kinder sind zwei bis drei Wochen unterwegs.
Der Einsatz an der Front ist mir nicht schlecht bekommen. Nur in
den letzten Tagen hatte ich infolge verbrauchter Schuhe nasse Füße,
das macht sich jetzt an den Nieren noch bemerkbar. Eben, 11 Uhr,
wird wieder Alarm gegeben. Kampfverband über Westdeutschland.
Gestern nachm<ittag> hat Dortmund wieder Bomben bekommen.
Bei Plans am Knapp sind eine Anzahl Bomben gefallen - die Einwohner
in Wassenberg waren alle fort.
...Fortsetzung:
Das Obst auf den Bäumen war für uns in Hülle und
Fülle. Einen solchen Obstsegen habe ich hier nie gesehen, Pfirsiche
und Äpfel in nie gekannter Qualität. An einem Sonntag
habe ich Fritz Wigger besucht, hin und zurück 30 km zu Fuß.
Es ging ihm und den Seinen gut. Er hatte das ganze Haus voll Flüchtlinge
aus der Front. Beim Mittagessen fielen in sein Weizenland 200m vom
Haus schwere Bomben. Glück gehabt. Ich habe ihm gesagt, falls
er auch weichen muss, möge er nach Lünen kommen. Seine
Frau sprach von Heepen bei Bielefeld, wo sie Bekannte hat. 18 Jahre
etwas hatten wir uns nicht gesehen. Ich traf ihn auf der Straße
vor Grambusch. Er hat mich gut verpflegt und versorgt.
Deines Hinweises mich um Hedwig zu kümmern bedurfte es nicht.
Solange Karl nicht mehr da ist, habe ich das schon getan. Aber Hedwig
steht außerhalb der Zeit, sie macht sich viel zuviel Arbeit.
Welche Schwierigkeiten hatte es, das Sägewerk anderen Zwecken
dienstbar zu machen, aus welchen sie durch meine Arbeit monatlich
M 645.- Miete einnimmt. Vordem bezog sie Familienunterhalt, weil
Ernst Soldat war. Beeinflusse sie, dass sie nur den Garten behält
und Schafe und Land auf dem Platz abgibt. Sie holt mit Maria doch
nicht soviel heraus, dass beide für ein Jahr zu essen haben.
Die beiden sind von früh bis spät bei der Arbeit und können
es so leicht haben. Vergangenes Jahr hat sie nicht mal geheizt;
das Holz im Sägewerk verkümmern lassen. Jetzt hat man
ihr die Gasuhr fortgeholt, weil sie gar kein Gas verbrauchte. Wenn...
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