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20. Jahrhundert
Nationalsozialismus
Zeitzeugenbericht: Brigitte Langenbach
1943 Evakuierung nach Pommern
Fortsetzung
Juli 1943 - Evakuierung
So wie in Bochum war es überall im Ruhrgebiet. Die Lüner
Schule kam nach Cammin in Pommern. Jochi, Lutz und Tante Alma waren
dabei, Kusine Eva (Krämer) war in Schneidemühl. Dortmunder
Schulen wurden wurden im Schwarzwald untergebracht, die meisten
Bochumer Schulen mußten nach Pommern reisen. So stand Anfang
Juli 1943 ein Sonderzug bereit, uns Schülerinnen, das Lehrerkollegium
und auch einige Mütter mit jüngeren Kindern nach Belgard
zu bringen.
Es war eine lange Fahrt und dann wurde man ins Quartier gebracht.
Ich hatte unheimliches Glück und wurde bei einem Ehepaar untergebracht.
Der Mann war bei der Bahn und seine Frau war eine ganz liebe. Sie
hatten keine Kinder, haben mich aber liebevoll betreut. Dafür
durfte" ich manchmal die Gänse hüten, z.B. auf dem
Sträßchen, wo viel Unkraut wuchs. Es gab ja keine Autos
- oder so gut wie keine. Wir haben uns schnell aneinandergewöhnt.
Die kleine Stadt Belgard war so schön, alles so sauber, die
Häuser schneeweiß, die Dächer rot - wie im Bilderbuch.
Im Ruhrgebiet war ja alles von Ruß überzogen. Man konnte
an den Dächern die Abschattierungen sehen, wenn nach einem
Bombenangriff die Dachpfannen erneuert worden waren. Aber hier war
alles schön.
Wir wurden in der Belgarder Schule unterrichtet. Unser Unterricht
fand immer nachmittags statt, denn am Vormittag waren die einheimischen
Schüler da. Sie kamen auch oft mit der Bahn von den umliegenden
Gütern. Es gab dort ja riesengroße Rittergüter.
Ich habe auch einmal mit einer Gruppe Mädchen (zwei Klassen
tiefer) Ernteeinsatz gemacht. In zehn Tagen wurden unheimliche Mengen
Kartoffeln geerntet, ich meine, es waren 300 Morgen. Da kam morgens
der Hofmeister und steckte für den betreffenden Tag das Feld
ab. Dann kamen zwei Kartoffelroder aufs Feld, jeder von zwei kräftigen
Pferden gezogen. Wir Sammler bekamen Körbe zum Sammeln und
am Ende der Strecke ein großer Korb, in den man die Kiepe
entleerte.
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