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Frühromantik

SchubertFranz Schubert - Lieder

 

D 108 "Der Abend"
 
Text:Friedrich von Matthisson (1761-1831)
Vertonung durch Franz Schubert, D. 108 (1814)
 
 
 
 
Purpur malt die Tannenhügel
Nach der Sonne Scheideblick,
Lieblich strahlt des Baches Spiegel
Hespers Fackelglanz zurück.
Tönst du einst im Abendhauche,
Grillchen, auf mein frühes Grab
Aus der Freundschaft Rosenstrauche
Deinen Klaggesang herab:
Wird noch stets mein Geist dir lauschen,
Horchend, wie er jetzt dir lauscht,
Durch des Hügels Blumenrauschen,
Wie dies Sommerlüftchen rauscht.
 
 
D 109 "Lied der Liebe"
 
Text:Friedrich von Matthisson (1761-1831)
Vertonung durch Franz Schubert, D. 109 (July 1814), first published in 1894
 
Ebenfalls:
 
Johann Rudolf Zumsteeg (1760-1802), Kleine Balladen und Lieder Heft IV no. 23 (with another form of the poetm)
 
 
 
 
Durch Fichten am Hügel, durch Erlen am Bach,
Folgt immer dein Bildnis, du Traute! mir nach.
Es lächelt bald Liebe, es lächelt bald Ruh',
Im freundlichen Schimmer des Mondes mir zu.
Mir hallt aus den Tiefen, mir hallt von den Höh'n
Dein himmlischer Name wie Sphärengetön.
Ich wähne den Hauch, der die Blüten umwebt,
Von deiner melodischen Stimme durchbebt.
Oft hab' ih, im Traume, die schönste der Feen,
Auf goldenem Throne dich strahlen gesehn;
Oft hab' ich, zum hohen Olympus entzückt,
Als Hebe dich unter den Göttern erblickt.
Mit hallt aus den Tiefen, mir hallt von den Höhn,
Dein himmlischer Name wie Sphärengetön.
Ich wähne den Hauch, der die Blüten umwebt,
Von deiner melodischen Stimme durchbebt.
In heiliger Mitternachtsstunde durchkreist
Des Äthers Gefilde mein ahnender Geist.
Geliebte! dort winkt uns ein Land, wo der Freund
Auf ewig der Freundin sich wiedervereint.
Die Freude sie schwindet, es dauert kein Leid;
Die Jahre verrauschen im Strome der Zeit;
Die Sonne wird sterben, die Erde vergeh'n:
Doch Liebe muß ewig und ewig besteh'n.
 
 
D 111 "Der Taucher"
 
Text:Friedrich von Schiller (1759-1805)
 
Vertonung durch Franz Schubert, D. 77; D. 111 (September 1813-end 1814), first published 1831
 
 
"Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp,
Zu tauchen in diesen Schlund?
Einen goldnen Becher werf' ich hinab.
Verschlungen schon hat ihn der schwarze Mund,
Wer mir den Becher kann wieder zeigen,
Er mag ihn behalten, er ist sein eigen."
Der König spricht es und wirft von der Höh'
Der Klippe, die schroff und steil
Hinaushängt in die unendliche See,
Den Becher in der Charybde Geheul,
"Wer ist der Beherzte, ich frage wieder,
Zu tauchen in diese Tiefe nieder?"
Und die Ritter, die Knappen um ihr her
Vernehmen's und schweigen still.
Sehen hinab in das wilde Meer,
Und keiner den Becher gewinnen will,
Und der König zum drittenmal wieder fraget;
"Ist keiner, der sich hinunter waget?"
Doch alles noch stumm bleibt wie zuvor,
Und ein Edelknecht, sanft und keck,
Tritt aus der Knappen zagendem Chor,
Und den Gürtel wirft er, den Mantel weg,
Und alle die Männer umher und Frauen
Auf den herrlichen Jüngling verwundert schauen.
Und wie er tritt an des Felsen Hang
Und blickt in den Schlund hinab
Die Wasser, die sie hinunterschlang,
Die Charybde jetzt brüllend wiedergab
Und wie mit des fernen Donners Getose
Entstürzen sie schäumend dem finstern Schoße.
Und es wallet un siedet und brauset und zischt,
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt,
Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt
Und Flut auf Flut sich ohn'Ende drängt,
Und will sich nimmer erschöpfen und leeren,
Als wollte das Meer noch ein Meer gebären.
Doch endlich, da legt sich die wilde Gewalt,
Und schwarz aus dem weißen Schaum
Klaff hinunter ein gähnender Spalt,
Grundlos, als ging's in den Höllenraum,
Und reißend sieht man die brandenden Wogen
Hinab in den strudelnden Trichter gezogen.
Jetzt schnell, eh'die Brandung wiederkehrt,
Der Jüngling sich Gott befiehlt,
Und - ein Schrei des Entsetzens wird rings gehört,
Und schon hat ihn der Wirbel hinweggespült,
Und geheimnisvoll über dem kühnen Schwimmer
Schließt sich der Rachen, er zeigt sich nimmer.
Und stille wird's über dem Wasserschlund,
In der Tiefe nur brausset es hohl,
Und bebend hört man von Mund zu Mund;
"Hochherziger Jüngling, fahre wohl!"
Und hohler und hohler hört man's heulen,
Und es harrt noch mit bangem, mit schrecklichem Weilen.
Und wärfst du die Krone selber hinein
Und sprächst; wer mir bringet die Kron',
Er soll sie tragen und König sein -
Mich gelüstete nicht nach dem teuren Lohn.
Was die heulende Tiefe da unten verhehle,
Das erzählt keine lebende glückliche Seele.
Wohl manches Fahrzeug, vom Strudel gefaßt,
Schoß gäh in die Tiefe hinab,
Doch zerschmettert nur rangen, sich Kiel und Mast
Hervor aus dem alles verschlingenden Grab -
Und heller und heller, wie Sturmes Sausen,
Hört man's näher und immer näher brausen.
Und es wallet und siedet und brauset und zischt,
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt,
Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt,
Und Well' auf Well' sich ohn'Ende drängt,
Und wie mit des fernen Donners Getose
Entstürzt es brüllend dem finstren Schoße.
Und sieh! aus dem finster flutenden Schoß
Da hebet sich's schwanenweiß,
Und ein Arm und ein glänzender Nacken wird bloß,
Und es rudert mit Kraft und mit emsigem Fleiß,
Uns er ist's, und hoch in seiner Linken
Schwingt er den Becher mit freudigem Winken.
Und atmete lang' und atmete tief
Und begrüßte das himmlische Licht.
Mit Frohlocken es einer dem andern rief;
"Er lebt! Er ist da! Es behielt ihn nicht!
Aus dem Grab, aus der strudelnden Wasserhöhle
Hat der Brave gerettet die lebende Seele."
Und der kommt, es umringt ihn die jubelnde Schar,
Zu des Königs Füßen er sinkt,
Den Becher reicht er ihm knieend dar,
Und der König der lieblichen Tochter winkt,
Die füllt ihn mit funkelndem Wein bis zum Rande,
Und der Jüngling sich als zum König wandte:
"Lange lebe der König! Es freue sich,
Wer da atmetim rosigen Licht!
Da unten aber ist's fürchterlich,
Und der Mensch versuche die Götte nicht
und begehre nimmer und nimmer zu schauen,
Was sie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen.
Es riß mich hinunter blitzesschnell -
Da stürzt' mir aus felsigem Schacht
Entegen ein reißender Quell:
Mich packte des Dopplestroms wütende Macht,
Und wie einen Kreisel mit schwindelndem Drehen
Trieb mich's um, ich konnte nicht widerstehen.
Da ziegt mir Gott, zu dem ich rief
In der höchsten schrecklichen Not,
Aus der Tiefe ragend ein Felsenriff,
Das erfaßt' ich behend und entrann dem Tod -
Und da hing auch der Becher an spitzen Korallen,
Sonst wär'er ins Bodenlose gefallen.
Denn unter mir lag's noch, bergetief,
In purpurner Finsternis da,
Und ob's hier dem Ohre gleich ewig schlief,
Das Auge mit Schaudern hinuntersah,
Wie's von Salamandern und Molchen, Drachen
Sich regte in dem furchtbaren Höllenrachen.
Schwarz wimmelten da, in grausem Gemisch,
Zu scheußlichen Klumpen geballt,
Der stachlichte Roche, der Klippenfisch,
Des Hammers greuliche Ungestalt,
Und dräuend wies mir die grimmigen Zähne
Der entsetzliche Hai, des Meeres Hyäne.
Und da hing ich und war's mir mit Grausen bewußt
Von der menschlichen Hilfe so weit,
Unter Larven die einzige fühlende Brust,
Allein in der gräßlichen Einsamkeit,
Tief unter dem Schall der menschlichen Rede
Bei den Ungeheuern der traurigen Öde.
Und schaudernd dacht'ich's, da kroch's heran,
Regte hundert Gelenke zugleich,
Will schnappen nach mir - in des Schreckens Wahn
Laß' ich los der Koralle umklammerten Zweig:
Gleich faßt mich der Strudel mit rasendem Toben,
Doch es war mir zum Heil, er riß mich nach oben."
Der König darob sich verwundert schier
Und spricht: 'Der Becher ist dein,
Und diesen Ring noch bestimm'ich dir,
Geschmückt mit dem köstlichsten Edelgestein,
Versuchst du's noch einmal und bringst mir Kunde,
Was du sahst auf des Meers tiefunterstem Grunde."
Das hörte die Tochter mit weichem Gefühl,
Und mit schmeichelndem Munde sie fleht;
"Laßt, Vater, genug sein das grausame Spiel!
Er hat Euch bestanden, was keiner besteht,
Und könnt ihr des Herzens Gelüsten nicht zähme!
So mögen die Ritter den Knappen beschämen."
Drauf der König greift nach dem Becher schnell,
In den Strudel ihn schleudert hinein;
"Und schaffst du den Becher mir wieder zur Stell',
So sollst du der trefflichste Ritter mir sein
Und sollst sie als Ehgemahl heut'noch umarmen,
Die jetzt für dich bittet mit zarten Erbarmen."
Da ergreift's ihm die Seele mit Himmelsgewalt,
Und es blitzt aus den Augen ihm kühn,
Und es siehet erröten die schöne Gestalt
Und sieht sie erbleichen und sinken hin -
Da treibt's ihn, den köstlichen Preis zu erwerben,
Und stürtz hinunter auf Leben und Sterben.
Wohl hört man die Brandung, wohl kehrt sie zurück,
Sie verkündigt der donnernde Schall -
Da bückt sich's hinunter mit liebendem Blick;
Es kommen, es kommen die Wasser all,
Sie rauschen herauf, sie rauschen nieder,
Doch den Jüngling bringt keines wieder.
 
 
D 113 c "An Emma"
 
Text:Friedrich von Schiller (1759-1805)
Vertonung durch Franz Schubert, D. 113c (1814), published 1821 as op. 58 no. 2
 
Ebenfalls:
 
Niklas von Krufft (1779-1818)
 
 
 
 
Weit in nebelgrauer Ferne
Liegt mir das vergangne Glück,
Nur an einem schönen Sterne
Weilt mit Liebe noch der Blick.
Aber, wie des Sternes Pracht,
Ist es nur ein Schein der Nacht.
Deckte dir der lange Schlummer,
Dir der Tod die Augen zu,
Dich besäße doch mein Kummer,
Meinem Herzen lebtest du.
Aber ach! du lebst im Licht,
Meiner Liebe lebst du nicht.
Kann der Liebe süß Verlangen,
Emma, kann's vergänglich sein?
Was dahin ist und vergangen,
Emma, kann's die Liebe sein?
Ihrer Flamme Himmelsglut,
Stirbt sie wie ein irdisch Gut?
 
 
D 114 "Romanze"
 
Text:Friedrich von Matthisson (1761-1831)
Vertonung durch Franz Schubert, D. 114 (1814)
 
 
 
 
Ein Fräulein klagt' im finstern Turm,
Am Seegestad erbaut.
Es rauscht' und heulte Wog und Sturm
In ihres Jammers Laut.
Rosalie von Montanvert
Hieß manchem Troubadour
Und einem ganzen Ritterheer
Die Krone der Natur.
Doch ehe noch ihr Herz die Macht
Der süßen Minn' empfand,
Erlag der Vater in der Schlacht
Am Sarazenenstrand.
Der Ohm, ein Ritter Manfry, ward
Zum Schirmvogt ihr bestellt;
Dem lacht' ins Herz, wie Felsen hart,
Des Fräuleins Gut und Geld.
Bald überall im Lande ging
Die Trauerkund' umher:
"Des Todes kalte Nacht umfing
Die Rose Montanvert."
Ein schwarzes Totenfähnlein wallt'
Hoch auf des Fräuleins Burg;
Die dumpfe Leichenglocke schallt
Drei Tag' und Nächt' hindurch.
Auf ewig hin, auf ewig tot,
O Rose Montanvert!
Nun milderst du der Witwe Not,
Der Waise Schmerz nicht mehr!
So klagt einmütig alt und jung,
Den Blick von Träumen schwer,
Vom Frührot bis zur Dämmerung,
Die Rose Montanvert.
Der Ohm in einem Turm sie barg,
Erfüllt mit Moderduft!
Drauf senkte man den leeren Sarg
Wohl in der Väter Gruft.
Das Fräulein horchte still und bang
Der Priester Litanei'n,
Trüb in des Kerkers Gitter drang
Der Fackeln roter Schein.
Sie ahnte schaudernd ihr Geschick;
Ihr ward so dumpf, ihr ward so schwer,
In Todesnacht erstarb ihr Blick;
Sie sank und war nicht mehr.
Des Turms Ruinen an der See
Sind heute noch zu schaun;
Den Wandrer faßt in ihrer Näh'
Ein wundersames Graun.
Auch mancher Hirt verkündet euch,
Daß er bei Nacht allda
Oft, einer Silberwolke gleich,
Das Fräulein schweben sah.
 
 
D 115 "An Laura, als sie Klopstocks Auferstehungslied sang"
 
Text:Friedrich von Matthisson (1761-1831)
Vertonung durch Franz Schubert, D. 115 (October 2-7, 1814), first published in 1840
 
 
 
Herzen, die den Himmel sich erheben,
Tränen, die dem Auge still entbeben,
Seufzer, die den Lippen leis' entfliehn,
Wangen, die mit Andachtsglut sich malen,
Trunk'ne Blicke, die Entzückung strahlen,
Danken dir, o Heilverkünderin!
Laura! Laura! Horchend diesen Tönen,
Müssen Engelseelen sich verschönen,
Heilige den Himmel offen sehn,
Schwermutsvolle Zweifler sanfter klagen,
Kalte Frevler an die Brust sich schlagen,
Und wie Seraph Abbadona flehn!
Mit den Tönen des Triumphsgesanges
Trank ich Vorgefühl des Überganges
Von der Grabnacht zum Verklärungsglanz!
Als vernähm' ich Engelmelodien,
Wähnt' ich dir, o Erde, zu entfliehen,
Sah schon unter mir der Sterne Tanz!
Schon umatmete mich des Himmels Milde,
Schon begrüßt ich jauchzend die Gefilde,
Wo des Lebens Strom durch Palmen fleußt;
Glänzend von der nähern Gottheit Strahle,
Wandelte durch Paradiesestale
Wonneschauernd mein entschwebter Geist!
 
 
D 116 "Der Geistertanz"
 
 
Text:Friedrich von Matthisson (1761-1831)
 
Vertonung durch Franz Schubert, D. 15 (c1812); D. 15a (c1812); D. 116 (October 14, 1814), first published in 1840; D. 494
 
 
 
Die bretterne Kammer
Der Toten erbebt,
Wenn zwölfmal den Hammer
Die Mitternacht hebt.
Rasch tanzen um Gräber
Und morsches Gebein
Wir luftigen Schweber
Den sausenden Reih'n.
Was winseln die Hunde
Beim schlafenden Herrn?
Sie wittern die Runde
Der Geister von fern.
Die Raben entflattern
Der wüsten Abtei,
Und flieh'n an den Gattern
Des Kirchhofs vorbei.
Wir gaukeln und scherzen
Hinab und empor
Gleich irrenden Kerzen
Im dunstigen Moor.
O Herz, dessen Zauber
Zur Marter uns ward,
Du ruhst nun in tauber
Verdumpfung erstarrt;
Tief bargst du im düstern
Gemach unser Weh;
Wir Glücklichen flüstern
Dir fröhlich: Ade!
 
 
D 117 "Das Mädchen aus der Fremde"
 
Text:Friedrich von Schiller (1759-1805)
 
Vertonung durch Franz Schubert, D. 117 (1814), published 1895; D. 252 (1815), published 1887
 
Ebenfalls:
 
Johann Friedrich Reichardt (1752-1814), 1778
 
 
 
 
In einem Tal bei armen Hirten
Erschien mit jedem jungen Jahr,
Sobald die ersten Lerchen schwirrten,
Ein Mädchen schön und wunderbar.
Sie war nicht in dem Tal geboren,
Man wußte nicht, woher sie kam,
Doch schnell war ihre Spur verloren,
Sobald das Mädchen Abschied nahm.
Beseligend war ihre Nähe
Und alle Herzen wurden weit,
Doch eine Würde, eine Höhe
Entfernte die Vertraulichkeit.
Sie brachte Blumen mit und Früchte,
Gereift auf einer andern Flur,
In einem andern Sonnenlichte,
In einer glücklichern Natur;
Und teilte jedem eine Gabe,
Dem Früchte, jenem Blumen aus,
Der Jüngling und der Greis am Stabe,
Ein jeder ging beschenkt nach Haus.
Willkommen waren alle Gäste,
Doch nahte sich ein liebend Paar,
Dem reichte sie der Gaben beste,
Der Blumen allerschönste dar.
 
 
D 118 "Meine Ruh' ist hin"
 
Text:Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), from Faust
 
Vertonung durch Franz Schubert, "Gretchen am Spinnrad(e)", D. 118 (1814), published 1821 as op. 2
 
Ebenfalls:
 
(Karl) Friedrich Curschmann (1805-1841), "Meine Ruh ist hin", op. 11 no. 5 (1836)
Johann Karl Gottfried Loewe (1796-1869), "Meine Ruh ist hin", op. 9, iii, 2 (1822)
Ludwig Spohr (1784-1859), "Gretchen", op. 25 no. 3 (1809)
Richard Wagner (1813-1883), "Meine Ruh ist hin", op. 5 (1831-1832), from Sieben Kompositionen zu Goethes Faust, no. 5
Karl Friedrich Zelter (1758-1832), "Margarethe"
 
 
 
 
Meine Ruh' ist hin,
Mein Herz ist schwer,
Ich finde sie nimmer
Und nimmermehr.
Wo ich ihn nicht hab
Ist mir das Grab,
Die ganze Welt
Ist mir vergällt.
Mein armer Kopf
Ist mir verrückt,
Mein armer Sinn
Ist mir zerstückt.
Nach ihm nur schau ich
Zum Fenster hinaus,
Nach ihm nur geh ich
Aus dem Haus.
Sein hoher Gang,
Sein' edle Gestalt,
Seine Mundes Lächeln,
Seiner Augen Gewalt,
Und seiner Rede
Zauberfluß,
Sein Händedruck,
Und ach, sein Kuß!
Mein Busen drängt sich
Nach ihm hin.
[Ach] dürft ich fassen
Und halten ihn,
Und küssen ihn,
So wie ich wollt,
An seinen Küssen
Vergehen sollt!
 
 
D 119 "Nachtgesang"
 
Text:Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Vertonung durch Franz Schubert, D. 119 (1814), published in 1850 as op. 47
 
Ebenfalls:
 
Leopold Damrosch (1832-1885), op. 17 no. 3 Walter von Goethe (1817-1885), first three stanzas
Johann Karl Gottfried Loewe (1796-1869), op. 79 no. 2 (1836)
Wilhelm Petersen (1890-1957), op. 40 no. 4, published 1941
Johann Friedrich Reichardt (1752-1814), published 1809
Karl Friedrich Zelter (1758-1832), 1804
 
 
 
 
O gib, vom weichen Pfühle,
Träumend, ein halb Gehör!
Bei meinem Saitenspiele
Schlafe! was willst du mehr?
Bei meinem Saitenspiele
Segnet der Sterne Heer
Die ewigen Gefühle;
Schlafe! was willst du mehr?
Die ewigen Gefühle
Heben mich, hoch und hehr,
Aus irdischem Gewühle;
Schlafe! was willst du mehr?
Vom irdischen Gewühle
Trennst du mich nur zu sehr,
Bannst mich in deine Kühle;
Schlafe! was willst du mehr?
Bannst mich in diese Kühle,
Gibst nur im Traum Gehör.
Ach, auf dem weichen Pfühle
Schlafe! was willst du mehr?
 
 
D 120 "Trost in Tränen"
 
Text:Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Vertonung durch Franz Schubert, D. 120 (November 30. 1814), first published in 1835
 
Ebenfalls:
 
Ludwig Berger (1777-1839), op. 33 no. 2
Johannes Brahms (1833-1897), op. 48 no. 5 (1858)
Peter Cornelius (1824-1874), op. 14 (1872)
Johann Karl Gottfried Loewe (1796-1869), op. 80, ii, 2 (1836)
Johann Friedrich Reichardt (1752-1814), published 1805-6
Václav Jan K`rtitel Tomá`sek (1774-1850), op. 53 no. 5 (1815?), from Gedichte von Goethe, I, 5
Karl Friedrich Zelter (1758-1832), 1803
 
 
 
 
Wie kommst, daß du so traurig bist,
Da alles froh erscheint?
Man sieht dirs an den Augen an,
Gewiß, du hast geweint.
"Und hab ich einsam auch geweint,
So ists mein eigner Schmerz,
Und Tränen fliessen gar so süß,
Erleichtern mir das Herz."
Die frohen Freunde laden dich,
O komm an unsre Brust!
Und was du auch verloren hast,
Vertraue den Verlust.
"Ihr lärmt und rauscht und ahnet nicht,
Was mich, den Armen, quält.
Ach nein, verloren hab ichs nicht,
So sehr es mir auch fehlt."
So raffe dich denn eilig auf,
Du bist ein junges Blut.
In deinen Jahren hat man Kraft
Und zum Erwerben Mut.
"Ach nein, erwerben kann ichs nicht,
Es steht mir gar zu fern.
Es weilt so hoch, es blinkt so schön,
Wie droben jener Stern."
Die Sterne, die begehrt man nicht,
Man freut sich ihrer Pracht,
Und mit Entzücken blickt man auf
In jeder heitern Nacht.
"Und mit Entzücken blick ich auf,
So manchen lieben Tag;
Verweinen laßt die Nächte mich,
Solang ich weinen mag.
 
 
D 121 "Da droben auf jenem Berge"
 
Text:Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
 
Vertonung durch Franz Schubert, "Schäfers Klagelied", D. 121 (November 30, 1814), first published in 1821 as op 3 no 1; D. 121b in E (November 30, 1814), first published in 1894
 
Ebenfalls:
 
Moriz von Dietrichstein (1775-1864), "Schäfers Klagelied"
Wilhelm Ehlers (1774-1845), "Schäfers-Klage" (1801)
Johann Friedrich Reichardt (1752-1814), "Schäfers Klagelied", published 1809
Václav Jan K`rtitel Tomá`sek (1774-1850), "Schäfers Klagelied" (1815?), from Gedichte von Goethe, IV:1
Karl Friedrich Zelter (1758-1832), "Schäfers Klagelied", 1802
 
 
 
 
Da droben auf jenem Berge,
Da steh ich tausendmal,
An meinem Stabe [hingebogen]
Und schaue hinab in das Tal.
Dann folg ich der weidenden Herde,
Mein Hündchen bewahret mir sie.
Ich bin herunter gekommen
Und weiss doch selber nicht wie.
Da stehet von schönen Blumen
Die ganze Wiese so voll.
Ich breche sie, ohne zu wissen,
Wem ich sie geben soll.
Und Regen, Sturm und Gewitter
[Verpass] ich unter dem Baum,
Die Türe dort bleibet verschlossen;
Doch alles ist leider ein Traum.
Es stehet ein Regenbogen
Wohl über jenem Haus!
Sie aber ist [fortgezogen],
Und weit in das Land hinaus.
Hinaus in das Land und weiter,
Vielleicht gar über die See,
Vorüber, ihr Schafe, nur vorüber!
Dem Schäfer ist gar so weh.
 
 
D 121 b "Da droben auf jenem Berge"
 
Text:Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
 
Vertonung durch Franz Schubert, "Schäfers Klagelied", D. 121 (November 30, 1814), first published in 1821 as op 3 no 1; D. 121b in E (November 30, 1814), first published in 1894
 
Ebenfalls:
 
Moriz von Dietrichstein (1775-1864), "Schäfers Klagelied"
Wilhelm Ehlers (1774-1845), "Schäfers-Klage" (1801)
Johann Friedrich Reichardt (1752-1814), "Schäfers Klagelied", published 1809
Václav Jan K`rtitel Tomá`sek (1774-1850), "Schäfers Klagelied" (1815?), from Gedichte von Goethe, IV:1
Karl Friedrich Zelter (1758-1832), "Schäfers Klagelied", 1802
 
 
 
 
Da droben auf jenem Berge,
Da steh ich tausendmal,
An meinem Stabe [hingebogen]
Und schaue hinab in das Tal.
Dann folg ich der weidenden Herde,
Mein Hündchen bewahret mir sie.
Ich bin herunter gekommen
Und weiss doch selber nicht wie.
Da stehet von schönen Blumen
Die ganze Wiese so voll.
Ich breche sie, ohne zu wissen,
Wem ich sie geben soll.
Und Regen, Sturm und Gewitter
[Verpass] ich unter dem Baum,
Die Türe dort bleibet verschlossen;
Doch alles ist leider ein Traum.
Es stehet ein Regenbogen
Wohl über jenem Haus!
Sie aber ist [fortgezogen],
Und weit in das Land hinaus.
Hinaus in das Land und weiter,
Vielleicht gar über die See,
Vorüber, ihr Schafe, nur vorüber!
Dem Schäfer ist gar so weh.
 
 
D 122 "Ammenlied"
 
Text:Michael Lubi (1757-1807)
Vertonung durch Franz Schubert, D. 122 (1814)
 
 
 
 
Am hohen, hohen Turm,
Da weht ein kalter Sturm:
Geduld! die Glöcklein läuten,
Die Sonne blinkt von weiten.
Am hohen, hohen Turm,
Da weht ein kalter Sturm.
Im tiefen, tiefen Tal,
Da rauscht ein Wasserfall:
Geduld! ein bißchen weiter,
Dann rinnt das Bächlein heiter.
Im tiefen, tiefen Tal,
Da rauscht ein Wasserfall.
Am kahlen, kahlen Baum,
Deckt sich ein Täubchen kaum,
Geduld! bald blühn die Auen,
Dann wird's sein Nestchen bauen.
Am kahlen, kahlen Baum,
Deckt sich ein Täubchen kaum.
Dich friert, mein Töchterlein!
Kein Freud sagt: komm herein!
Laß unser Stündchen schlagen,
Dann werden's Englein sagen.
Das beste Stübchen gibt
Gott jenem, den er liebt.
 
 
D 123 "Sehnsucht"
 
Text:Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Vertonung durch Franz Schubert, D. 123 (1814), published 1842
 
Ebenfalls:
 
Ludwig van Beethoven (1770-1827), op. 83 no. 2 (1810)
Fanny Mendelssohn-Hensel (1805-1847), 1839
Johann Friedrich Reichardt (1752-1814), published 1805
Hugo Wolf (1860-1903), op. 3 no. 2 (1875)
 
 
 
 
Was zieht mir das Herz so?
Was zieht mich hinaus?
Und windet und schraubt mich
Aus Zimmer und Haus?
Wie dort sich die Wolken
Am Felsen verziehn!
Da möcht ich hinüber,
Da möcht ich wohl hin!
Nun wiegt sich der Raben
Geselliger Flug;
Ich mische mich drunter
Und folge dem Zug.
Und Berg und Gemäuer
Umfittigen wir;
Sie weilet da drunten,
Ich spähe nach ihr.
Da kommt sie und wandelt;
Ich eile sobald,
Ein singender Vogel,
Im buschigen Wald.
Sie weilet und horchet
Und lächelt mit sich:
"Er singet so lieblich
Und singt es an mich."
Die scheidende Sonne
Vergüldet die Höh'n;
Die sinnende Schöne,
Sie läßt es geschehn.
Sie wandelt am Bache
Die Wiesen entlang,
Und finster und finstrer
Umschlingt sich der Gang;
Auf einmal erschein ich,
Ein blinkender Stern.
"Was glänzet da droben,
So nah und so fern?"
Und hast du mit Staunen
Das Leuchten erblickt,
Ich lieg dir zu Füßen,
Da bin ich beglückt!
 
 
D 124 "Am See"
 
Text:Johann Baptist Mayrhofer (1787-1836)
 
Vertonung durch Franz Schubert, D. 124 (December 7, 1814), first part published 1885, complete publication in 1894
 
 
 
 
 
Sitz' ich im Gras am glatten See,
Beschleicht die Seele süßes Weh,
Wie Äolsharfen klingt mich an
Ein unnennbarer Zauberwahn.
Das Schilfrohr neiget seufzend sich,
Die Uferblumen grüßen mich,
Der Vogel klagt, die Lüfte wehn,
Vor Schmerzenslust möcht' ich vergehn!
Wie mir das Leben kräftig quillt
Und sich in raschen Strömen spielt.
Wie's bald in trüben Massen gärt
Und bald zum Spiegel sich verklärt.
Bewußtsein meiner tiefsten Kraft,
Ein Wonnemeer in mir erschafft.
Ich stürze kühn in seine Flut
Und ringe um das höchste Gut.
O Leben, bist so himmlisch schön,
In deinen Tiefen, in deinen Höh'n!
Dein freundlich Licht soll ich nicht sehn,
Den finstren Pfad des Orkus gehn?
Doch bist du mir das Höchste nicht,
Drum opfr' ich freudig dich der Pflicht;
Ein Strahlenbild schwebt mir voran,
Und mutig wag' ich 's Leben dran!
Das Strahlenbild ist oft betränkt,
Wenn es durch meinen Busen brennt,
Die Tränen weg vom Wangenrot,
Und dann in tausendfachem Tod.
Du warst so menschlich, warst so hold,
O großer deutscher Leopold*),
Die Menschheit fühlte dich so ganz
Und reichte dir den Opferkranz.
Und hehr geschmückt sprangst du hinab,
Für Menschen in das Wellengrab.
Vor dir erbleicht, o Fürstensohn,
Thermopylae und Marathon.
Das Schilfrohr neiget seufzend sich,
Die Uferblumen grüßen mich,
Der Vogel klagt, die Lüfte wehn,
Vor Schmerzenslust möcht' ich vergehn!
 
 
D 126 "Szene aus Faust"
 
Text:Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Vertonung durch Franz Schubert, D. 126 (December 1814), first published in 1832
  
Böser Geist:
Wie anders, Gretchen, was dir's,
Als du noch voll Unschuld
Hier zum Altar trat'st,
Aus dem vergriff'nen Büchelchen
Gebete lalltest,
Halb Kinderspiele,
Halb Gott im Herzen!
Gretchen! Wo steht dein Kopf?
In deinem Herzen, welche Missethat?
Bet'st du für deiner Mutter Seele,
die durch dich zur langen,
langen Pein hinüberschlief?
Auf deiner Schwelle wessen Blut?
Und unter deinem Herzen
Regt sich's nicht quillend schon,
Und ängstigt dich und sich
Mit ahnungsvoller Gegenwart?
Gretchen:
Weh! Weh!
Wär' ich der Gedanken los,
Die mir herüber und hinüber gehen
Wider mich!
Chor:
Dies irae, dies illa,
Solvet saeclum in favilla,
Böser Geist:
Grimm faßt dich!
Die Posaune tönt!
Die Gräber beben!
Und dein Herz, aus Aschenruh
Zu Flammenqualen wieder aufgeschaffen,
Bebt auf!
Gretchen:
Wär' ich hier weg!
Mir ist als ob die Orgel mir
Den Athem versetzte,
Gesang mein Herz
Im Tiefsten lös'te.
Chor:
Judex ergo cum sedebit,
Quidquid latet adparebit,
Nilinultum remanebit.
Gretchen:
Mir wird so eng!
Die Mauernpfeiler befangen mich!
Das Gewölbe drängt mich! - Luft!
Böser Geist:
Verbirg dich! Sünd' und Schande
Bleibt nicht verborgen,
Luft? Licht? Wehe dir!
Chor:
Quid sum miser tunc dicturus?
Quem patronum rogaturus?
Cum vix justus sit securus.
Böser Geist:
Ihr Antlitz wenden
Verklärte von dir ab.
Die Hände dir zu reichen,
Schauert's den Reinen.
Weh!
Chor:
Quid sum miser tunc dicturus?

Quem patronum rogaturus?