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Friedrich Schiller - Don Carlos
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-Vierter Akt, Fünfter Auftritt -
weiter
-
-
- Marquis von Posa kommt
durch die Galerie. Carlos.
-
- Marquis
- Carl! Carl!
-
- Carlos
- Wer ruft? Ah, du bist's!
Eben recht. Ich eile
- Voraus ins Kloster. Komm
bald nach. (Er will fort.)
-
- Marquis
- Nur zwei
- Minuten - bleib.
-
- Carlos
- Wenn man uns
überfiele -
-
- Marquis
- Man wird doch nicht. Es
ist sogleich geschehen.
- Die Königin -
-
- Carlos
- Du warst bei meinem
Vater?
-
- Marquis
- Er ließ mich rufen;
ja.
-
- Carlos
- (voll Erwartung)
- Nun?
-
- Marquis
- Es ist
richtig.
- Du wirst sie sprechen.
-
- Carlos
- Und der König?
Was
- Will der König?
-
- Marquis
- Der? Nicht viel. -
Neugierde,
- Zu wissen, wer ich bin. -
Dienstfertigkeit
- Von unbestellten guten
Freunden. Was
- Weiß ich? Er bot
mir Dienste an.
-
- Carlos
- Die du
- Doch abgelehnt?
-
- Marquis
- Versteht sich.
-
- Carlos
- Und wie kamt
- Ihr auseinander?
-
- Marquis
- Ziemlich gut.
-
- Carlos
- Von mir
- War also wohl die Rede
nicht?
-
- Marquis
- Von dir?
- Doch. Ja. Im
Allgemeinen
- (Er zieht ein Souvenir
heraus und gibt es dem Prinzen)
-
- Hier
vorläufig
- Zwei Worte von der
Königin, und morgen
- Werd' ich erfahren, wo
und wie -
-
- Carlos
- (liest sehr zerstreut,
steckt die Schreibtafel ein und will gehen)
- Beim Prior
- Triffst du mich also.
-
- Marquis
- Warte doch. Was eilst
du?
- Es kommt ja Niemand.
-
- Carlos
- (mit erkünsteltem
Lächeln).
- Haben wir denn
wirklich
- Die Rollen umgetauscht?
Du bist ja heute
- Erstaunlich sicher.
-
- Marquis
- Heute? Warum heute?
-
- Carlos
- Und was schreibt mir die
Königin?
-
- Marquis
- Hast du
- Denn nicht im Augenblick
gelesen?
-
- Carlos
- Ich?
- Ja so.
-
- Marquis
- Was hast du denn? Was ist
dir?
-
- Carlos
- (liest das
Geschriebene noch einmal. Entzückt und
feurig)
- Engel
- Des Himmels! Ja, ich will
es sein - ich will -
- Will deiner werth sein -
Große Seelen macht
- Die Liebe
größer. Sei's auch, was es
sei.
- Wenn du es mir gebietest,
ich gehorche -
- Sie schreibt, daß
ich auf eine wichtige
- Entschließung mich
bereiten soll. Was kann
- Sie damit meinen?
Weißt du nicht?
-
- Marquis
- Wenn ich's
- Auch wüßte,
Carl, bist du auch jetzt gestimmt,
- Es anzuhören?
-
- Carlos
- Hab' ich dich
beleidigt?
- Ich war zerstreut. Vergib
mir, Roderich.
-
- Marquis
- Zerstreut? Wodurch?
-
- Carlos
- Durch - ich weiß
selber nicht.
- Dies Souvenir ist also
meins?
-
- Marquis
- Nicht ganz!
- Vielmehr bin ich
gekommen, mir sogar
- Deins auszubitten.
-
- Carlos
- Meins? Wozu?
-
- Marquis
- Und was
- Du etwa sonst an
Kleinigkeiten, die
- In keines Dritten
Hände fallen dürfen,
- An Briefen oder
abgerissenen
- Concepten bei dir
führst - kurz, deine ganze
- Brieftasche -
-
- Carlos
- Wozu aber?
-
- Marquis
- Nur auf alle
Fälle.
- Wer kann für
Ueberraschung stehn? Bei mir
- Sucht sie doch Niemand.
Gib.
-
- Carlos
- (sehr unruhig).
- Das ist doch
seltsam!
- Woher auf einmal diese -
-
- Marquis
- Sei ganz
ruhig.
- Ich will nichts damit
angedeutet haben.
- Gewißlich nicht! Es
ist Behutsamkeit
- Vor der Gefahr. So hab'
ich's nicht gemeint,
- So wahrlich nicht,
daß du erschrecken solltest.
-
- Carlos
- (gibt ihm die
Brieftasche)
- Verwahr' sie gut.
-
- Marquis
- Das werd' ich.
-
- Carlos
- (sieht ihn bedeutend
an)
- Roderich!
- Ich gab dir viel.
-
- Marquis
- Noch immer nicht so
viel,
- Als ich von dir schon
habe - Dort also
- Das Uebrige, und jetzt
leb' wohl! - leb' wohl! (Er will gehen.)
-
- Carlos
- (kämpft
zweifelhaft mit sich selbst - endlich ruft er
ihn zurück)
- Gibt mir die Briefe doch
noch einmal. Einer
- Von ihr ist auch
darunter, den sie damals,
- Als ich so tödtlich
krank gelegen, nach
- Alcala mir geschrieben.
Stets hab' ich
- Auf meinem Herzen ihn
getragen. Mich
- Von diesem Brief zu
trennen, fällt mir schwer.
- Laß mir den Brief -
nur den - das Uebrige
- Nimm alles.
-
- (Er nimmt ihn heraus
und gibt die Brieftasche zurück.)
-
- Marquis
- Carl, ich thu' es ungern.
Just
- Um diesen Brief war mir's
zu thun.
-
- Carlos
- Leb' wohl!
-
- (Er geht langsam und
still weg, an der Thüre bleibt er einen
Augenblick stehen, kehrt wieder um und bringt
ihm den Brief)
-
- Da hast du ihn.
-
- (Seine Hand zittert.
Thränen stürzen aus seinen Augen, er
fällt dem Marquis um den Hals und
drückt sein Gesicht wider dessen Brust.)
-
- Das kann mein Vater
nicht?
- Nicht wahr, mein
Roderich? Das kann er doch nicht?
- (Er geht schnell fort)
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