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Kulturgeschichte - 20. Jahrhundert


   
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20. Jahrhundert  

B. Langenbach Nationalsozialismus
Zeitzeugenbericht: Brigitte Langenbach
März 1945 - Zurück aus Murnau - Anfang der Flucht  
 
Fortsetzung

Diese Flucht war so ereignisreich, daß ich mich an vieles nicht mehr erinnern kann. Die Ereignisse kamen in so rascher Reihenfolge, daß es so viel zu sortieren gibt. Manches ist auch in Vergessenheit geraten. Meine Freundin Marianne Ophoven hat mir zum Geburtstag 1945 einen Gutschein überreicht für „die Memoiren einer Flucht". Ich weiß nicht, ob sie sie je zu Papier gebracht hat. Sie hatte ihr Studium in Münster wieder aufgenommen und auch wohl zum Dr. phil. promoviert. Dann heiratete sie und hieß Schwarz. Wir haben uns leider aus den Augen verloren.

Ich kann mich auch nicht mehr daran erinnern, wie der Streckenverlauf bis schließlich nach Schwerin/Mecklenburg. war. Vor dreißig Jahren hätte ich vielleicht noch bessere Erinnerungen gehabt, aber damals fehlte die Zeit dazu, etwas aufzuschreiben.

Also, Marianne und ich schafften es in zwei Tagen von München in unser Lager zurückzukehren. Inzwischen war das Kriegsende schon nahe herangekommen. Nur wir ahnten es noch nicht. Das Ruhrgebiet war von den Alliierten bereits besetzt und wir hofften, daß Hitlers Wehrmacht die Alliierten einkesselte und zu Gefangenen machte. Solche Meldungen waren uns ja aus den vorangegangenen Siegen in Polen, Frankreich und Rußland bekannt.

Als wir aber in Bosenholz ankamen, waren wir überrascht. Die Lagerführerin Brigitte Achenbach hatte Anweisung erhalten, die Maiden, die sich nach Hause trauten, zu entlassen. Die wenigen anderen (Führung) hatten ein Ausweichlager bei Petershagen jenseits der Weser zu erreichen. Nun herrschte schon ein Durcheinander. Es war die Lagersau vor kurzer Zeit geschlachtet worden. Die Dauerwürste mußten verpackt werden. Ebenfalls Zucker - der lose Zucker wurde in Kopfkissenbezüge geschüttet. ich weiß nicht mehr, was an Brot und Mehl und anderen Lebensmitteln noch mitging. Wir hatten einen Bollerwagen aus dem Lagerbestand - der diente vorher zum Transport der Wäschekörbe zur Bahn oder um Pakete von der Post abzuholen.

Am ersten April machten wir uns auf. Es war sehr schönes Frühlingswetter, man konnte die Blattknospen der Bäume erkennen und täglich beobachten, wie sie sich weiter entfalteten. Unsere Gruppe bestand aus etwas zehn Personen, das weiß ich nicht mehr genau. Ich weiß nur noch Brigitte Achenbach, Marianne Ophoven, Brigitte Langenbach und eine Arbeitsmaid, die in Bergholzhausen wohnte und ein Stück mit uns zog. Bergholzhausen liegt westlich von Bielefeld