Kulturgeschichte - RenaissanceSpätrenaissance - Venedig








Venezianische Geschichte bis ca. 1600
von Martin Schlu 2002/2010

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Venedig, bis 330 Provinz von Byzanz, entstand in der heutigen Form ab 453, als die Bewohner vor den Hunnen und später den Langobarden auf die Sandbänke und Inseln der Lagune flüchteten und, als sie merkten, daß die Belagerung länger dauern würde, sich dort häuslich einrichteten. Im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte wurde die Technik verfeinert, auf Pfählen Häuser zu errichten und 697 wurde eine erste provisorische Regierung gebildet, der erstmals ein "Dux" (Führer), der spätere "Doge" vorstand. Nachdem Karl der Große 812 nicht ganz freiwillig auf Venetien verzichtet hatte, räumte er der Stadt das Handelsprivileg ein und der wirtschaftliche Aufschwung begann.

828 entschloß man sich den Schutzheiligen zu wechseln: Der heilige Theodorus paßte nicht mehr, weil er eine zu enge Bindung an Byzanz (Ostrom) symbolisierte - ein besserer Heiliger mußte her. Also wurde die Reliquie des Hl. Markus aus Alexandria geraubt. Sie wurde von zwei venezianischen Kaufleuten in einem Faß unter gepökeltem Schweinefleisch versteckt und von den Muslimen bei der Ausfuhr - wie erwartet - nicht kontrolliert, weil den Zöllnern das Berühren von Schweinefleisch verboten war. Damit hatte man einen vorzeigbaren Heiligen und konnte Pilgerstadt und Handelsmetropole werden - eine unschlagbare wirtschaftliche Kombination, die bis heute andauert.

Bei einem Aufstand gegen den Dogen Vitale Candiano wurde dieser getötet und dessen Palast angesteckt. Dabei brannte der Dom San Marco mit ab und mit ihm verbrannte der venezianische Schutzheilige. Allerdings beteuerte die nachfolgende Familie Orseolo glaubwürdig, die Reliquie sei - weil eingemauert - nicht verbrannt. Man plante die Kathedrale neu, entwarf einen neuen Grundriß und präsentierte zur Einweihung nach knapp dreißig Jahren (1094) die angeblich gerade wiedergefundenen Knochen des Heiligen Markus. Heute liegen diese unter dem Hauptaltar und werden besser bewacht, ob sie echt sind, mag bezweifelt werden.

Als in Venedig der Doge Pietro Orseolo II. (991-1008) gewählt worden war, begann für die Stadt ein Aufschwung. Zuerst verfolgte und vernichtete die venezianische Flotte die Piraten vor der dalmatinischen Küste und riß damit die Seeherrschaft in diesem Teil der Adria an sich. Als klar, war, daß man nun mit Venedig in Zukunft über Seerechte verhandeln mußte, baute Pietro Orseolo auf diplomatischer Ebene den Status der Stadt aus, indem er seine beiden Söhne mit einer Nichte des byzantinischen Kaisers und einer Schwägerin des deutschen Kaisers vermählte. Damit wurde er Verbündeter des deutschen und byzantinischen Reiches und konnte gegenüber Genua, dem Hauptkonkurrenten, ganz anders auftreten.

Unter dem Dogen Vitale e Michiel (1096-1102) kam es zur Teilnahme der Venezianer am Kreuzzug unter Gottfried von Bouillon mit 207 Schiffen zu einer Plünderung von Rhodos, Jaffa und Haifa (Hinweg) und Byzanz (Rückweg). Das war ein außenpolitische Fehler erster Güte, weil Byzanz natürlich nun im Dauerkriegszustand mit Venedig war - immerhin hatte man die Hagia Sophia geplündert und einen großen Teil an Kunstschätzen geraubt (Später, 1171, ordnete der neue Machthaber Manuele Comneno an, allen venezianischen Bürgern ihren Besitz zu enteignen).

Der Vormachtstellung entsprechend wurde nun viel Geld in Repräsentation gesteckt: Palazzo Duccale, Campanile und Piazza de San Marco betonten die wirtschaftliche Potenz der Stadt, der Adel baute sich immer prächtigere Paläste. Als 1170 die Venezianer zwischen Papst Alexander III. und Friedrich Barbarossa diplomatisch vermitteln konnten, war der Stadtstaat auf dem Gipfel der Macht. Man mußte sich kulturell engagieren, wenn man ernst genommen werden wollte. Dazu gehörten Malereien in den Empfangssräumen, Stiftungen an die Kirchen und später auch die Unterhaltung von Musikern. Kunst und Musik wurden Statussymbole des venezianischen Adels und als Folge davon blühte die Kultur auf.

Bei dem vierten Kreuzzug 1204 wurde Byzanz auf dem Weg nach Jerusalem noch einmal mit erobert und geplündert. So kam z.V. die Quadriga nach San Marco, doch als sie von Napoleon 1797 ebenfalls geraubt wurde, gab es internationale Proteste und so mußte er sie wieder zurückgeben. Immerhin führte die wiederholte Brandschatzung und Plünderung dazu, daß nun ein Feind geschaffen war, der Venedig die nächsten Jahrhunderte viel Ärger machte.

Der wirtschaftliche Abstieg wurde durch die Entdeckung Amerikas eingeleitet, da man nun nicht mehr von Venedig nach Kleinasien mußte, sondern von dem Erzfeind Genua aus fahren konnte. In dem Maße, wie Venedig aus dem Überseehandel zurückgedrängt wurde, wurde es ein Anziehungpunkt für Touristen, mit die ersten waren Lord Byron und Johann Wolfgang v. Goethe, dessen Herberge heute als Touristenattraktion gezeigt wird (Am Canal Grande kommt man in Höhe der Station S. Tomo' an der Herberge Lord Byrons vorbei).
 
Link. Die Bedeutung Venedigs...