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Kulturgeschichte - 19. Jahrhundert


20. Jahrhundert
19. Jahrhundert
Spätromantik

Wedekind
Biographie
Werke

 

Inhaltsangabe

1.1

1.2

1.3

1.4

1.5

2.1

2.2

2.3

2.4

2.5

2.6

2.7

3.1

3.2

3.3

3.4

3.5

3.6

3.7

Frank Wedekind:
Frühlings Erwachen, 3. Akt, 4. Szene

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Korrektionsanstalt. - Ein Korridor. - Diethelm, Reinhold, Ruprecht, Helmuth, Gaston und Melchior.
 
Diethelm
Hier ist ein Zwanzigpfennigstück!
 
Reinhold
Was soll's damit?
 
Diethelm
Ich lege es auf den Boden. Ihr stellt euch drum herum. Wer es trifft, der hat's.
 
Ruprecht
Machst du nicht mit, Melchior?
 
Melchior
Nein, ich danke.
 
Helmuth
Der Joseph!
 
Gaston
Er kann nicht mehr. Er ist zur Rekreation hier.
 
Melchior
für sich
Es ist nicht klug, daß ich mich separiere. Alles hält mich im Auge. Ich muß mitmachen - oder die Kreatur geht zum Teufel. - - Die Gefangenschaft macht sie zu Selbstmördern. - - Brech' ich den Hals, ist es gut! Komme ich davon, ist es auch gut! Ich kann nur gewinnen. - Ruprecht wird mein Freund, er besitzt hier Kenntnisse. - Ich werde ihm die Kapitel von Judas Schnur Thamar, von Moab, von Loth und seiner Sippe, von der Königin Vasti und der Abisag von Sunem zum besten geben. - Er hat die verunglückteste Physiognomie auf der Abteilung.
 
Ruprecht
Ich hab's!
 
Helmuth
Ich komme noch!
 
Gaston
Übermorgen vielleicht!
 
Helmuth
Gleich! - Jetzt! - O Gott, o Gott...
 
Alle
Summa - summa cum laude!!
 
Ruprecht
das Stück nehmend
Danke schön!
 
Helmuth
Her, du Hund!
 
Ruprecht
Du Schweinetier?
 
Helmuth
Galgenvogel!!
 
Ruprecht
schlägt ihn ins Gesicht
Da! Rennt davon.
 
Helmuth
ihm nachrennend
Den schlag' ich tot!
 
Die Übrigen
rennen hintendrein
Hetz, Packan! Hetz! Hetz! Hetz!
 
Melchior
allein, gegen das Fenster gewandt -
Da geht der Blitzableiter hinunter. - Man muß ein Taschentuch drumwickeln. - Wenn ich an sie denke, schießt mir immer das Blut in den Kopf. Und Moritz liegt mir wie Blei in den Füßen. - - - Ich gehe zur Redaktion. Bezahlen Sie mich per Hundert; ich kolportiere! - sammle Tagesneuigkeiten - schreibe - lokal - - ethisch - - psychophysisch... man verhungert nicht mehr so leicht. Volksküche, Café Temperence. - Das Haus ist sechzig Fuß hoch, und der Verputz bröckelt ab... Sie haßt mich - sie haßt mich, weil ich sie der Freiheit beraubt. Handle ich, wie ich will, es bleibt Vergewaltigung. - Ich darf einzig hoffen, im Laufe der Jahre allmählich... über acht Tage ist Neumond. Morgen schmiere ich die Angeln. Bis Sonnabend muß ich unter allen Umständen wissen, wer den Schlüssel hat. - Sonntag abend in der Andacht kataleptischer Anfall - will's Gott, wird sonst niemand krank! - Alles liegt so klar, als wär' es geschehen, vor mir. Über das Fenstersims gelang' ich mit Leichtigkeit - ein Schwung - ein Griff - aber man muß ein Taschentuch drumwickeln. - - Da kommt der Großinquisitor. Ab nach links.
 
Dr. Prokrustes
mit einem Schlossermeister von rechts.
 
Dr. Prokrustes
... Die Fenster liegen zwar im dritten Stock, und unten sind Brennesseln gepflanzt. Aber was kümmert sich die Entartung um Brennesseln. - Vergangenen Winter stieg uns einer zur Dachluke hinaus, und wir hatten die ganze Schererei mit dem Abholen, Hinbringen und Beisetzen...
 
Der Schlossermeister
Wünschen Sie die Gitter aus Schmiedeeisen?
 
Dr. Prokrustes
Aus Schmiedeeisen - und, da man sie nicht einlassen kann, vernietet.
 
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