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Kulturgeschichte - 19. Jahrhundert


   
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Spätes 19. Jh. und Fin de siecleWagner

Gottfried Wagner (geb. 1947)

Zusammenfassung der Autobiographie Gottfried Wagners:

1947

Gottfried H. Wagner wird am 15. April 1947 in Bayreuth geboren. Der Vater Wolfgang (Jg. 1919) ist direkter Enkel von Richard Wagner, die Mutter ist Ellen Drexel-Wagner.

1951

Die Bayreuther Festspiele werden das erste Mal seit dem Krieg wieder durchgeführt. Der vierjährige Gottfried wird während der Vorbereitung in ein Kinderheim gegeben und zu Pressefotos wieder kurz vor der ersten Premiere nach Bayreuth geholt.

1952

Gottfried darf zu seinem fünften Geburtstag ausnahmsweise mit den "Wieland-Kindern" spielen - normalerweise ist ihm der Umgang mit den Kindern des Onkels verboten (Wieland, Jg. 1917, hat vier Kinder, darunter Nike, Jg. 1945). Die Brüder Wolfgang und Wieland sind miteinander verfeindet und nehmen sich nicht ernst: Wieland gilt als vielversprechende künstlerische Persönlichkeit, Wolfgang eher als Bayreuth-Verwalter).

1953

Wolfgang inszeniert zum erstenmal "Lohengrin", Wieland "Rheingold", Gottfried wird eingeschult und soll Stellung zur Inszenierung Wielands nehmen.

1954

Gottfried lernt seine Tante Friedelind kennen, über die sein Vater Wolfgang immer herzieht.

1956

Gottfried erlebt die "Meistersinger"-Inszenierung von Wieland und ist begeistert, Wolfgang und Winifred sind es nicht und Gottfried sitzt zwischen den Stühlen. Durch den Hausmeister Lodes erfährt er zum erstenmal den bis dahin geleugneten Zusammenhang zwischen der Wagner-Familie und Adolf Hitler.

1957

Im Alter von zehn Jahren hört Gottfried die "Tristan"-Inszenierung Wolfgangs mit Wolfgang Windgassen und Birgit Nilsson. Winifred polemisiert gegenüber Wielands Regiestil und nimmt Partei für Wolfgang. Ein Jahr später ist Wielands "Lohengrin" allerdings der künstlerische Maßstab der modernen Inszenierung.

1962

Die "Tristan"-Inszenierung Wielands zeigt Gottfried den großen künstlerischen Unterschied zwischen Vater und Onkel; er fühlt sich immer stärker zu Wieland hingezogen.

1963

Gottfried findet Filmmaterial seines Vaters, das die Wagner-Familie im vertrauten Umgang mit Adolf Hitler zeigt. Sein Vater schwärmt ihm später vor, wie ihn "Onkel Wolf" fasziniert habe.

1964

Gottfried befaßt sich mit Heinrich Böll und Günter Grass, der Vater ist fassungslos. Später setzt sich Gottfried noch mit Bloch, Freud, Adorno, Arendt, Horkheimer und Bettelheim auseinander. Der Kontrast zwischen dem Bayreuth-Betrieb und einer linken Gesellschaftsüberzeugung wird immer größer.

1966

Wieland Wagner stirbt und wird am 21. Oktober begraben, Wolfgang wird Alleinherrscher auf dem grünen Hügel und entfremdet sich immer mehr von Gottfried und Friedelind, Gottfried distanziert sich von Winifred.

1968

Gottfried Wagner diskutiert in Bayreuth mit Willy Brandt über Vietnam und Rudi Dutschke, der Vater Wolfgang hält sich lieber bedeckt.

1969 - 1972

Gottfried nimmt ein Jurastudium auf, um seinen Vater zu beruhigen; er studiert aber ab 1970 Musikwissenschaft, Psychologie und Germanistik in Mainz und zieht sich zunächst vom Festspielhügel zurück. Ab 1971 studiert er in Graz und danach bei Maximilian Kojetinsky, dem musikalischen Studienleiter der Festspiele - nun wieder in Bayreuth. 1972 erfolgt ein Wechsel nach Erlangen, Gottfried übernimmt seine erste Regieassistenz in Wuppertal bei Hans Peter Lehmann ("Tannhäuser", übrigens mit Pina Bausch). Zwischendurch fährt er immer wieder nach Bayreuth um seine Großmutter Winifred nach den Verbindungen zu Hitler zu befragen und sie antwortet ihm nach einiger Zeit recht offen.

Zusammenhang zwischen Adolf Hitler und der Wagner-Familie.

(Quelle: Gottfried Wagner Autobiographie, S. 29 - 91)

1978

Gottfried beschäftigt sich systematisch mit dem Werk Kurt Weills. Die Kontakte zur Lotte Lenya helfen ihm zwar nicht weiter, da sie offensichtlich versucht ihn auszuspielen, dennoch kommt es im Februar zu einem Interview mit der "New York Times", das es Gottfried ermöglicht, weiter in der Weill-Materie zu arbeiten. Sein Versuch, in den USA Arbeitsmöglichkeiten zu finden, wird jedoch durch die Bayreuther Verbindungen erschwert. Bekanntschaft mit Kapellmeister Wolf, einem Neffen Bruno Walters und dem Kapellmeister der Uraufführung von Weills/Brechts "Mahagonny", außerdem spricht Gottfried Wagner mit vielen Zeitzeugen Weills. Es kommt zum Treffen mit Leonard Bernstein, der sich deutlich von der Wolfgang Wagner distanziert, Gottfried aber unterstützt.

1979

Rückkehr nach Deutschland (Februar), Gottfried holt die letzen persönlichen Gegenstände aus Bayreuth ab (Mai), Regieassistenz bei den Salzburger Festspielen, Regie der "Carmina Burana" in Ankara (September), Abendspielleiter an der Frankfurter Oper unter Michael Gielen (ab 1. November)

1980

Tod der Großmutter Winifred am 5. März, Trennung von Beatrix an Weihnachten, Konvertierung zur katholischen Religion

 1983

Ende August zieht Gottfried nach Italien und arbeitet für die Deutsche Bank in Mailand. Gleichzeitig studiert er dort an der Wirtschaftuniversität.

(Quelle: Gottfried Wagner Autobiographie, S. 161 - 219)


Quelle:
Wagner, Gottfried: Wer nicht mit den Wölfen heult. Mit einem Vorwort von Ralph Giordano. Kiepenheur & Witsch, Köln 1997