www.martinschlu.de


Kulturgeschichte - Klassik


Schiller - Anfang

Biographie

Don Carlos

Erster Akt

Inhaltsangabe

Zweiter Akt

Inhaltsangabe

Dritter Akt

Inhaltsangabe

Vierter Akt

Inhaltsangabe

FünfterAkt

Inhaltsangabe

Kabale und Liebe

 

Gedichte

 

 


Friedrich von Schiller
Don Carlos, 1.6.

-> Querformat bitte nutzen

zurück - weiter
 
Schiller
Erster Akt, sechster Auftritt
König, Königin, Herzog Alba, Graf Lerma, Domingo, einige Damen und Granden, welche in der Entfernung zurückbleiben.
 
König
(sieht mit Befremdung umher und schweigt eine Zeitlang)
Was seh' ich? Sie hier? So allein, Madame?
Und auch nicht eine Dame zur Begleitung?
Das wundert mich - wo blieben Ihre Frauen?
 
Königin
Mein gnädigster Gemahl -
 
König    
Warum allein?
(Zum Gefolge)
Von diesem unverzeihlichen Versehn
Soll man die strengste Rechenschaft mir geben.
Wer hat das Hofamt bei der Königin?
Wen traf der Rang, sie heute zu bedienen?
 
Königin
O, zürnen Sie nicht, mein Gemahl - ich selbst,
Ich bin die Schuldige - - auf mein Geheiß
Entfernte sich die Fürstin Eboli.
 
König
Auf Ihr Geheiß?
 
Königin    
Die Kammerfrau zu rufen,
Weil ich nach der Infantin mich gesehnt.
 
König
Und darum die Begleitung weggeschickt?
Doch dies entschuldigt nur die erste Dame.
Wo war die zweite?
 
Mondecar
(welche indes zurückgekommen ist und sich unter die übrigen Damen gemischt hat, tritt hervor).
        Ihre Majestät,
Ich fühle, daß ich strafbar bin -
 
König  
Deßwegen
Vergönn' ich Ihnen zehen Jahre Zeit,
Fern von Madrid darüber nachzudenken.
 
(Die Marquisin tritt mit weinenden Augen zurück. Allgemeines Stillschweigen. Alle Umstehenden sehen bestürzt auf die Königin)
 
Königin
Marquisin, wen beweinen Sie?
(Zum König)
Hab' ich
Gefehlt, mein gnädigster Gemahl, so sollte
Die Königskrone dieses Reichs, wornach
Ich selber nie gegriffen habe, mich
Zum mindesten vor dem Erröthen schützen.
Gibt's ein Gesetz in diesem Königreich,
Das vor Gericht Monarchentöchter fordert?
Bloß Zwang bewacht die Frauen Spaniens?
Schützt sie ein Zeuge mehr als ihre Tugend?
Und jetzt Vergebung, mein Gemahl. - Ich bin
Es nicht gewohnt, die mir mit Freude dienten,
In Thränen zu entlassen. - Mondecar!
 
(Sie nimmt ihren Gürtel ab und überreicht ihn der Marquisin)
 
Den König haben Sie erzürnt - nicht mich -
Drum nehmen Sie dies Denkmal meiner Gnade
In dieser Stunde. - Meiden Sie das Reich -
Sie haben nur in Spanien gesündigt;
In meinem Frankreich wischt man solche Thränen
Mit Freuden ab. - O, muß mich's ewig mahnen?
(Sie lehnt sich an die Oberhofmeisterin und bedeckt das Gesicht)
In meinem Frankreich war's doch anders.
 
König
(in einiger Bewegung)     
Konnte
Ein Vorwurf meiner Liebe Sie betrüben?
Ein Wort betrüben, das die zärtlichste
Bekümmerniß auf meine Lippen legte?
       
(Er wendet sich gegen die Grandezza)
Hier stehen die Vasallen meines Throns:
Sank je ein Schlaf auf meine Augenlieder,
Ich hätte denn am Abend jedes Tags
Berechnet, wie die Herzen meiner Völker
In meinen fernsten Himmelsstrichen schlagen? -
Und sollt' ich ängstlicher für meinen Thron
Als für die Gattin meines Herzens beben? -
Für meine Völker kann mein Schwert mir haften
Und - Herzog Alba; dieses Auge nur
Für meines Weibes Liebe.
 
Königin
Wenn ich Sie
Beleidigt habe, mein Gemahl -
 
König  
Ich heiße
Der reichste Mann in der getauften Welt;
Die Sonne geht in meinem Staat nicht unter -
Doch alles Das besaß ein Andrer schon,
Wird nach mir mancher Andre noch besitzen.
Das ist mein eigen. Was der König hat,
Gehört dem Glück. - Elisabeth dem Philipp.
Hier ist die Stelle, wo ich sterblich bin.
 
Königin
Sie fürchten, Sire?
 
König    
Dies graue Haar doch nicht?
Wenn ich einmal zu fürchten angefangen,
Hab' ich zu fürchten aufgehört -
 
(Zu den Granden)
Ich zähle
Die Großen meines Hofs - der erste fehlt.
Wo ist Don Carlos, mein Infant?
 
(Niemand antwortet)
Der Knabe
Don Carl fängt an mir fürchterlich zu werden.
Er meidet meine Gegenwart, seitdem
Er von Alcalas hoher Schule kam.
Sein Blut ist heiß, warum sein Blick so kalt?
So abgemessen festlich sein Betragen?
Seid wachsam. Ich empfehl' es euch.
 
Alba       
Ich bin's.
So lang' ein Herz an diesen Panzer schlägt,
Mag sich Don Philipp ruhig schlafen legen.
Wie Gottes Cherub vor dem Paradies,
Steht Herzog Alba vor dem Thron.
 
Lerma      
Darf ich
Dem weisesten der Könige in Demuth
Zu widersprechen wagen? - Allzu tief
Verehr' ich meines Königs Majestät,
Als seinen Sohn so rasch und streng zu richten.
Ich fürchte viel von Carlos' heißem Blut,
Doch nichts von seinem Herzen.
 
König      
Graf von Lerma,
Ihr redet gut, den Vater zu bestechen;
Des Königs Stütze wird der Herzog sein -
Nichts mehr davon -
(Er wendet sich gegen sein Gefolge)
 
Jetzt eil' ich nach Madrid.
Mich ruft mein königliches Amt. Die Pest
Der Ketzerei steckt meine Völker an,
Der Aufruhr wächst in meinen Niederlanden.
Es ist die höchste Zeit. Ein schauerndes
Exempel soll die Irrenden bekehren.
Den großen Eid, den alle Könige
Der Christenheit geloben, lös' ich morgen.
Dies Blutgericht soll ohne Beispiel sein;
Mein ganzer Hof ist feierlich geladen.
 
(Er führt die Königin hinweg, die Uebrigen folgen)
 
Schiller zurück - Erster Akt, sechster Auftritt - weiter Seitenanfang