Kulturgeschichte - Klassik/18. Jahrhundert


Szenenübrsicht

1. Szene

2. Szene

3. Szene

4. Szene

5. Szene

6. Szene

7. Szene

8. Szene

9. Szene

10. Szene

11. Szene

12. Szene

13. Szene

14. Szene

15. Szene

16. Szene

17. szene

18. Szene

 

Die Zauberflöte
Große Oper in zwey Aufzügen (1791)

1. Akt

 
Zweiter Auftritt. zurück - weiter
 
Tamino
erwacht, sieht furchtsam umher.
Wo bin ich! Ist's Phantasie, daß ich noch lebe?
Oder hat eine höhere Macht mich gerettet?
 
(steht auf, sieht umher)
 
Wie? - Die bösartige Schlange liegt todt zu meinen Füßen?
 
(Man hört von fern ein Waldflötchen, worunter das Orchester piano accompagnirt. Tamino spricht unter dem Ritornel)
 
Was hör' ich?
Wo bin ich?
Welch' unbekannter Ort! -
Ha, eine männliche Figur nähert sich dem Thal.
 
(versteckt sich hinter einem Baume).
 
 
(Papageno, Tamino)
Papageno kommt während des Vorspiels einen Fußsteig herunter, hat auf dem Rücken eine große Vogelsteige, die hoch über den Kopf geht, worin verschiedene Vögel sind; auch hält er mit beyden Händen ein Faunen-Flötchen, pfeift und singt.
 
Nr. 2 Arie (Papageno)
 
1.
Der Vogelfänger bin ich ja,
Stets lustig, heißa! hopsassa!
Ich, Vogelfänger, bin bekannt
Bey Alt und Jung im ganzen Land.
Weiß mit dem Locken umzugeh'n,
und mich aufs Pfeifen zu versteh'n.
 
(pfeift)
Drum kann ich froh und lustig seyn;
Denn alle Vögel sind ja mein.
(pfeift)
 
2.
Der Vogelfänger bin ich ja,
stets lustig, heißa! hopsassa!
Ich, Vogelfänger, bin bekannt,
bey Alt und Jung im ganzen Land.
 
Ein Netz für Mädchen möchte ich;
ich fing' sie dutzendweis für mich.
 
(pfeift)
Dann sperrte ich sie bey mir ein,
und alle Mädchen wären mein.
(pfeift)
 
3.
Wenn alle Mädchen wären mein,
so tauschte ich brav Zucker ein:
Die, welche mir am liebsten wär,
der gäb ich gleich den Zucker her.
Und küßte sie mich zärtlich dann,
wär sie mein Weib und ich ihr Mann.
 
(pfeift)
Sie schlief an meiner Seite ein,
ich wiegte wie ein Kind sie ein.
 
(pfeift, will nach der Arie nach der Pforte gehen)
 
Tamino
(nimmt ihn bey der Hand)
He da!
 
Papageno
Was do!
 
Tamino
Sag mir, du lustiger Freund, wer du seyst?
 
Papageno
Wer ich bin?
 
(Für sich)
Dumme Frage!
 
(laut)
Ein Mensch, wie du. -
Wenn ich dich nun fragte, wer du bist?
 
Tamino
So würde ich dir antworten, daß ich aus fürstlichem Geblüte bin.
 
Papageno
Das ist mir zu hoch. -
Mußt dich deutlicher erklären, wenn ich dich verstehen soll!
 
Tamino
Mein Vater ist Fürst, der über viele Länder und Menschen herrscht; darum nennt man mich Prinz.
 
Tamino
Daher frag' ich dich! -
 
Papageno
Länder? - Menschen? - Prinz? -
Langsam! laß mich fragen! -
Ja, sag du mir, gibt es außer diesen Ländern und Bergen noch andere Länder und Menschen?
 
Tamino
Viele Tausende!
 
Papageno
Da ließ sich eine Speculation mit meinen Vögeln machen.
 
Tamino
Nun sag' du mir, in welcher Gegend wir sind. -
 
Papageno
In welcher Gegend?
(sieht sich um)
 
Zwischen Thälern und Bergen.
 
Tamino
Schon recht! Aber wie nennt man eigentlich diese Gegend? -
Wer beherrscht sie? -
 
Papageno
Das kann ich dir eben so wenig beantworten, als ich weiß, wie ich auf die Welt gekommen bin.
 
Tamino
(lacht)
Wie? Du wüßtest nicht, wo du geboren, oder wer deine Ältern waren? -
 
Papageno
Kein Wort! - Ich weiß nicht mehr, und nicht weniger, als daß mich ein alter, aber sehr lustiger Mann auferzogen, und ernährt hat.
 
Tamino
Das war vermuthlich dein Vater?
 
Papageno
Das weiß ich nicht.
 
Tamino
Hattest du denn deine Mutter nicht gekannt?
 
Papageno
Gekannt hab' ich sie nicht; erzählen ließ ich mir's einige Mahl, daß meine Mutter einst da in diesem verschlossenen Gebäude bey der nächtlich sternflammenden Königinn gedient hätte. -
Ob sie noch lebt, oder was aus ihr geworden ist, weiß ich nicht. - Ich weiß nur so viel, daß nicht weit von hier meine Strohhütte sieht, die mich vor Regen und Kälte schützt.
 
Tamino
Aber wie lebst du?
 
Papageno
Von Essen und Trinken, wie alle Menschen.
 
Tamino
Wodurch erhältst du das?
 
Papageno
Durch Tausch. -
 
Tamino
Tausch?
 
Papageno
Ich fange für die sternflammende Königinn und ihre Jungfrauen verschiedene Vögel; dafür erhalt' ich täglich Speis' und Trank von ihr.
 
Tamino
(für sich)
Sternflammende Königinn! -
Wenn es etwa gar die mächtige Herrscherin der
Nacht wäre! -
 
Sag mir, guter Freund! warst du schon so glücklich, diese Göttinn der Nacht zu sehen?
 
Papageno
(der bisher öfters auf seiner Flöte geblasen)
Deine letzte alberne Frage überzeugt mich, daß du aus einem fremden Lande geboren bist. -
 
Tamino.
Sey darüber nicht ungehalten, lieber Freund! ich dachte nur -
 
Papageno
Sehen? - Die sternflammende Königinn sehen? - Wenn du noch mit einer solchen albernen Frage an mich kommst, so sperr' ich dich, so wahr ich Papageno heiße, wie einen Gimpel in mein Vogelhaus, verhandle dich dann mit meinen übrigen Vögeln an die nächtliche Königinn und ihre Jungfrauen, dann mögen sie dich meinetwegen sieden oder braten.
 
Tamino
(für sich)
Ein wunderlicher Mann!
 
Papageno
Sehen? - Die sternflammende Königinn sehen? - Welcher Sterbliche kann sich rühmen, sie je gesehen zu haben? -
 
Welches Menschen Auge würde durch ihren schwarz durchwebten Schleyer blicken können?
 
Tamino
(für sich)
Nun ist's klar; es ist eben diese
nächtliche Königinn, von der mein Vater mir so oft erzählte. - Aber zu fassen, wie ich mich hierher verirrte, ist außer meiner Macht. - Unfehlbar ist auch dieser Mann kein gewöhnlicher Mensch. -
Vieleicht einer ihrer dienstbaren Geister.
 
Papageno
(für sich)
Wie er mich so starr anblickt!
Bald fang' ich an, mich vor ihm zu fürchten. -
Warum siehst du so verdächtig und schelmisch
nach mir?
 
Tamino
Weil - weil ich zweifle, ob du Mensch bist. -
 
Papageno
Wie war das?
 
Tamino
Nach deinen Federn, die dich bedecken, halt' ich dich -
(geht auf ihn zu)
 
Papageno
Doch für keinen Vogel? -
Bleib zurück, sag' ich, und traue mir nicht; - denn ich habe Riesenkraft, wenn ich jemand packe. -
 
(für sich)
Wenn er sich nicht bald von mir schrecken läßt, so lauf' ich davon.
 
Tamino
Riesenkraft?
 
(er sieht auf die Schlange)
Also warst du wohl gar mein Erretter, der diese giftige Schlange bekämpfte?
 
Papageno
Schlange?
(sieht sich um, weicht zitternd einige Schritte zurück)
 
Was da! ist sie todt, oder lebendig?
 
Tamino
Du willst durch deine bescheidene Frage meinen Dank ablehnen - aber ich muß dir sagen, daß ich ewig für deine so tapfere Handlung dankbar seyn werde.
 
Papageno
Schweigen wir davon still! -
Freuen wir uns, daß sie glücklich überwunden ist.
 
Tamino
Aber um alles in der Welt, Freund! wie hast du dieses Ungeheuer bekämpft? -
Du bist ohne Waffen.
 
Papageno
Brauch keine! - Bey mir ist ein starker Druck mit der Hand mehr, als Waffen.
 
Tamino
Du hast sie also erdrosselt?
 
Papageno
Erdrosselt!
 
(für sich)
Bin in meinem Leben nicht so stark gewesen, als heute.
 
 zurück - weiter - Seitenanfang